SEINE ENTWICKELUNG.
§7
und erlebte die Freude, dafs Graf Thun he kaufte, und dafs Graf Clam-Gallas
ihm den Befuch der Prager Akademie ermöglichte, wo er hch durch Umgang,
Lektüre und Kundanfchauung aufs behe zu fördern fuchte. Starker als Schiller
und Goethe wirkten auf ihn Novalis, Tieck, Wackenroder und die beiden Schlegel,
fo dafs ihn die Romantik bald ganz beherrfchte. Von Werken der bildenden
Kunft machten grofsen Eindruck die Faudzeichnungen von Cornelius und in
Dresden der Karton zu Overbecks Olint und Sofronia, deffen "ruhiger Geilt,
ruhige, effektlofe Würde tief in fein Inneres drangen.« Von entfcheidender Be-
deutung aber war es, als er 1821 Dürer kennen lernte. Hier fand er eine Form,
die "im entfcheidenden Gegenfatze zu derjenigen Itand, die vor den Augen der
Verächter unterer grofsen Vorfahren Gnade gefunden, und die ihre charakterlofe
Glätte und Gedunfenheit und ihre affektirte Weichlichkeit als Grazie verkaufen
möchte.« Er fah hier zum erden Mal was Gewänder feien: diefen gegenüber
^verdienten jene unbedimmten Wolkenhüllen oder nafs anklebenden Draperien,
oder auch jene, die Phantahelohgkeit und den Mangel an Erfindung in anderer
Weife befchönigenden Gliedermannsmäntel kaum den Namen von Gewändern.«
Hier wurde ihm fein Verhältnifs zur Kund, fowie das der Kund zum Leben
deutlich. Er fchuf hch, an der Hand der romantifchen Schriftdeller, ein Bild
"des chridlichen deutfchen Alterthums«, des "darken und frommen Mittelalters«,
und "jene grofse, fchöne, hingefchwundenc Zeit in Lied und Bild zu feiern und
in der Mitwelt dadurch eine Sehnfucht nach jener alten Herrlichkeit zu wecken,
erfchien ihm jetzt als Aufgabe der Kund.« Neben feinem "Vater unter« fchuf
er daher Kompohtionen zum "wilden Jäger« von Bürger und Tiecks "Genovefa«.
Diefe letzteren hatten zur Folge, dafs ein Kreis vornehmer und reicher Leute
in Wien hch entfchlofs, den talentvollen, drebtarnen Kündler nach Italien zu
weiterer Ausbildung zu fchicken. Im Januar 182/ reide Führich ab und kam
ohne grofsen Aufenthalt glücklich in Rom an, wo er alsbald die Werke und dann
die Meider der neuen deutfchen Kund kennen zu lernen fuchte. Allmählich übte
Rom auch auf ihn feinen Einhufs aus: feine engen Anfchauungen erweiterten hch,
aber freilich nur foweit die von Jugend auf eingeprägten unverrückbaren Grenzen
es zuliefsen. Von den "einfeitigen romantifchen Tendenzen« gelangte er zu "einer
univerfelleren Welt- und Gefchichtsanhcht«, welche hch auf die "Grunddogmen
aller Gefchichtc: Sünde undVerföhnung«dütztcund"Von diefem Gehchtspunkte
aus das Wefen der Menfchheit und deren Gefchicke« betrachtete. Damit war der
fede Punkt für fein Leben gewonnen, von dem er nicht mehr wankte, und der
feinen Schöpfungen eine Entfchiedenheit und Energie giebt, die man bewundern
mufs, obgleich he durch eine willkürliche Einfchränkung gewonnen worden
hnd. Führich wird freilich ein grofser Meider, aber fad nur innerhalb feiner
Konfcfhon: fo feiten, dann aber auch in bedeutender Weife, läfst er die menfeh-
liche Seite vorwiegen, nicht um ihrer felbd willen, fondern weil es das Thema
fo verlangt, welches jedoch, im Zusammenhang der Gefckichte betrachtet, eben
doch auch einen Stein im Ganzen bildet, der nur, wenn man ihn für hch allein be-
trachtet, die konfefhonelle Tendenz nicht zu haben fcheint. In Rom felbd aber hnd
feine Schöpfungen noch von der älteren romantifchen Richtung beherrfcht, die gerade
im Taffozimmer entfehieden zum Ausdruck kommen. Seine Werke hnd hier
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und erlebte die Freude, dafs Graf Thun he kaufte, und dafs Graf Clam-Gallas
ihm den Befuch der Prager Akademie ermöglichte, wo er hch durch Umgang,
Lektüre und Kundanfchauung aufs behe zu fördern fuchte. Starker als Schiller
und Goethe wirkten auf ihn Novalis, Tieck, Wackenroder und die beiden Schlegel,
fo dafs ihn die Romantik bald ganz beherrfchte. Von Werken der bildenden
Kunft machten grofsen Eindruck die Faudzeichnungen von Cornelius und in
Dresden der Karton zu Overbecks Olint und Sofronia, deffen "ruhiger Geilt,
ruhige, effektlofe Würde tief in fein Inneres drangen.« Von entfcheidender Be-
deutung aber war es, als er 1821 Dürer kennen lernte. Hier fand er eine Form,
die "im entfcheidenden Gegenfatze zu derjenigen Itand, die vor den Augen der
Verächter unterer grofsen Vorfahren Gnade gefunden, und die ihre charakterlofe
Glätte und Gedunfenheit und ihre affektirte Weichlichkeit als Grazie verkaufen
möchte.« Er fah hier zum erden Mal was Gewänder feien: diefen gegenüber
^verdienten jene unbedimmten Wolkenhüllen oder nafs anklebenden Draperien,
oder auch jene, die Phantahelohgkeit und den Mangel an Erfindung in anderer
Weife befchönigenden Gliedermannsmäntel kaum den Namen von Gewändern.«
Hier wurde ihm fein Verhältnifs zur Kund, fowie das der Kund zum Leben
deutlich. Er fchuf hch, an der Hand der romantifchen Schriftdeller, ein Bild
"des chridlichen deutfchen Alterthums«, des "darken und frommen Mittelalters«,
und "jene grofse, fchöne, hingefchwundenc Zeit in Lied und Bild zu feiern und
in der Mitwelt dadurch eine Sehnfucht nach jener alten Herrlichkeit zu wecken,
erfchien ihm jetzt als Aufgabe der Kund.« Neben feinem "Vater unter« fchuf
er daher Kompohtionen zum "wilden Jäger« von Bürger und Tiecks "Genovefa«.
Diefe letzteren hatten zur Folge, dafs ein Kreis vornehmer und reicher Leute
in Wien hch entfchlofs, den talentvollen, drebtarnen Kündler nach Italien zu
weiterer Ausbildung zu fchicken. Im Januar 182/ reide Führich ab und kam
ohne grofsen Aufenthalt glücklich in Rom an, wo er alsbald die Werke und dann
die Meider der neuen deutfchen Kund kennen zu lernen fuchte. Allmählich übte
Rom auch auf ihn feinen Einhufs aus: feine engen Anfchauungen erweiterten hch,
aber freilich nur foweit die von Jugend auf eingeprägten unverrückbaren Grenzen
es zuliefsen. Von den "einfeitigen romantifchen Tendenzen« gelangte er zu "einer
univerfelleren Welt- und Gefchichtsanhcht«, welche hch auf die "Grunddogmen
aller Gefchichtc: Sünde undVerföhnung«dütztcund"Von diefem Gehchtspunkte
aus das Wefen der Menfchheit und deren Gefchicke« betrachtete. Damit war der
fede Punkt für fein Leben gewonnen, von dem er nicht mehr wankte, und der
feinen Schöpfungen eine Entfchiedenheit und Energie giebt, die man bewundern
mufs, obgleich he durch eine willkürliche Einfchränkung gewonnen worden
hnd. Führich wird freilich ein grofser Meider, aber fad nur innerhalb feiner
Konfcfhon: fo feiten, dann aber auch in bedeutender Weife, läfst er die menfeh-
liche Seite vorwiegen, nicht um ihrer felbd willen, fondern weil es das Thema
fo verlangt, welches jedoch, im Zusammenhang der Gefckichte betrachtet, eben
doch auch einen Stein im Ganzen bildet, der nur, wenn man ihn für hch allein be-
trachtet, die konfefhonelle Tendenz nicht zu haben fcheint. In Rom felbd aber hnd
feine Schöpfungen noch von der älteren romantifchen Richtung beherrfcht, die gerade
im Taffozimmer entfehieden zum Ausdruck kommen. Seine Werke hnd hier