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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 3, Kampf und Ausgang
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0044
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ÖLBILDER: DER EINZUG CHRISTI IN JERUSALEM.

3!

in der Villa Maffimi, die Ihnen bewufst; denn nicht nur hatte ich den ungeduldigen
Dränger gleichfam immer zur Seite, fondern es waren noch überdies tief ein-
gewurzelte, immer wiederkehrende Fieber, die mir io unfäglich viel Zeit raubten,
nicht zu gedenken, dafs, da ich bei jener Arbeit durchaus nicht meine Rechnung
fand, um meine gleichwohl fehr mäfsige Haushaltung zu beflreiten, ich häufig nach
Allem greifen mufste, was den fchnellflen Erwerb brachte.» Mit Abfchüttelung
der Villa Maffimi fcheint auch in diefer Beziehung allmählich eine Befferung ein-
getreten zu fein: folche Notharbeiten, wie Zeichnungen nach Thorwaldfen, kommen
nicht mehr vor, und der Künfller konnte feine Vollkraft dem ihm zufagendRen
Gebiete zuwenden, der Zeichnung. Das Oelbild geflattete dagegen bei der dem
Meifler eigenen, bis zur Peinlichkeit getriebenen Sorgfalt der Technik ihm einen
freien und grofsen Auffchwung nicht. Die Oelbilder nehmen daher fehr lange
Zeit in Anfpruch und bieten in feiner Gefammtthätigkeit doch nicht die Höhe-
punkte. Sie find darum auch verhältnifsmäfsig wenig zahlreich.
Noch aus Wien, alfo etwa von 1810, flammt die Zeichnung zu dem grofsen
Bilde, das jetzt in der Marienkirche in Lübeck fich befindet: erfl 1824 (diefe
Zahl fleht unter dem Namen auf einem Stein an der unteren linken Ecke) wurde
es fertig, nachdem es inzwifchen von anderen Werken «Chriflus bei Martha und
Maria» und einer «Anbetung der Könige» überholt worden war. Es fchildert
den «Einzug Chrifli in Jerufalem» und zeigt wohl noch die nicht vollRändige
Reife in dem Beflreben, möglichfl viel zu geben, fo dafs die Aufmerkfamkeit von
dem Hauptgegenfland auf manchen, jedoch glücklichen Nebenzug abgelenkt wird.
Ebenfo ift die unvermittelte Hintereinanderreihung der Gründe, zudem wefentlich
an menfchlichen Figuren bemerkbar, nicht eben günftig für den Gefammteindruck.
Sehr gefchickt iil dagegen die Gruppirung, die entfehieden malerifchen Charakter
zeigt und von der abfichtlichen Strenge einer fymmetrifchen Kompofltion noch
nichts hat. Chriflus reitet von rechts her und ifl noch nicht in der Mitte
angelangt: er befindet fich an der Stelle, welche der Theilungspunkt des goldenen
Schnittes bezeichnet. Hierdurch wird das Gefolge auf den kleinen Raum, der
wichtigere Teil des nach der Stadt hin noch zu durchfehreitenden Weges in die
gröfsere Hälfte verlegt. Hinter und neben dem fegnenden Chriflus fchreiten die
Jünger; voran eilen in einer Bewegung, deren Heftigkeit mit der etwas leblofen
Ruhe des Heilands flark kontraflirt, zwei laufende Palmenträger; von links vorne
her tritt ihm Maria mit Frauen entgegen, deren eine den Mantel auf den Boden
breitet. Links im Hintergründe ifl das Stadtthor, aus dem und über dem Menfchen
voll Erregung dem Nahenden entgegenfehauen. Die tieferen Gründe find von
Raunenden, beforgt die Köpfe zufammenfleckenden, von jubelnden, die Palmen
fchwingenden Menfchen, alt und jung, Männern und Frauen, erfüllt. Befcheiden
hinter den Jüngern folgt der Maler mit feinen Freunden, dem Zuge fich Rill
anfchliefsend. Schön und finnig, die Gruppirung der Perfonen unterRützend, iR die
Landfchaft geordnet. Einzelne lebensvolle Züge, frifche Blicke in die Wirklichkeit,
zeigen der rechts hinten den Baum umklammernde Mann, der abgebrochene
Palmenzweige herabreicht, die lebhaRe Scene am Zollhäuschen neben dem Stadt-
thor: hier fehen wir auch die beliebte RenaiffancegeRalt des einen Eimer tragenden
Mädchens. Der Ausdruck der Geflehter fchwankt zwifchen trefflicher CharaktcriRik
 
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