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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 3, Kampf und Ausgang
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0072
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JAKOB UND RAHEL.

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Erfahrung gefchöpft wäre. Das Blatt, auf welchem Genovefa, ihr Kind vor dem
Mörder befchützend, kniet, erinnert an Steinle's Darftellung der Mutter des
lebenden Kindes bei dem Urtheile Salomonis; Genovefa mit Schmerzenreich
klingt an Veit an. Sicherlich hat hier von keiner Seite eine bewufste Nach-
ahmung ftattgefunden: um lo mehr zeigt eine folche Thatfache das innige
Zufammenarbeiten diefer Männer, die Art, wie fie dch in ihren Werken gegen-
feitig beeindufsten, wie fie künfderifch verwuchfen. Es war eine Wohlthat für
Alle, dafs fie bald aus einander gingen, dafs Jeder gezwungen wurde, feine eigenen
Wege zu fuchen: nur lo konnte die Individualität gerettet und die Manier
vermieden werden.
Einen bedeutfamen Schritt auf diefer Bahn der Verfelbdändigung that
hührich, als er Jakob und Rahel erd zeichnete und dann 1836 malte, als er
1841 den wundervollen «Gang der Maria über das Gebirge» fchuf. Die Gefchichte
des erfteren Bildes, das zuerd verlacht wurde, erzählt C. von Lützow in der
«Zeitschrift für bildende Kund» Band IV (1869) S. 149ff Seinem Auffatze id
der treffliche Stich Jacoby's beigegeben, nach welchem unfere Abbildung (S. $7)
hergedellt id. Lützow hält diefes Bild Führichs nach der malerifchen Seite hin
für «fein gelungendes Oelgemälde» und befchreibt es fo treffend und klar, dafs
wir uns nicht verfagen können, diefe Befchreibung als vorzügliche Charakteridik
Führichs in einer feiner beden malerifchen Leidungen hier wiederzugeben. Es
heifst dort S. i$i: «Ein Zug chridlicher Empfindung zieht fich durch die Scene
aus dem Leben der Hirten von Haran hindurch: die heroifch gewaltfamen und
Sinnlich derben Gehalten der Patriarchenzeit erfcheinen wie verklärt, und namentlich
die weibliche Hauptfigur id mit allem Zauber madonnenhafter Jungfräulichkeit
umkleidet. Verfchämt den Blick zu Boden fchlagend und Jakobs innige Um-
armung zart abweifend deht fie da; man fpürt in der wallenden Bewegung
des aufgefchtirzten Gewandes und in ihrer ganzen Haltung noch den rüdigen
Mädchenfchritt, mit welchem fie an der Spitze ihrer Heerde dem Brunnen
zugewandert id. Im nächden Augenblicke wird fie zum Vater eilen und ihm die
Kunde der unerwarteten Begegnung bringen. Das lichtblonde, in den zarteden
Farben der Jugend blühende Mädchen id mit einem einfachen hellrothen Gewände
bekleidet, deffen Falten an den erhöhten Stellen in das zartede Rofa übergehen.
Darüber tritt ein Schmaler Saum des weifsen Unterkleides hervor. Jakob, etwas
dunkler blond und kräftig im Fleifchton, trägt einen hellgrünen Rock und perl-
grauen Mantel. Eine der fchönden Figuren des Bildes, von frifcheder Kraft
und Natürlichkeit, id die Hirtin, welche rechts vom Brunnen die Schafe tränkt,
während de mit der nervigen Linken einen Widder bei den Hörnern packt.
Sie id mit einem goldgelben Rock bekleidet; um das Linnen, das den Oberleib
leicht umhüllt, Schlingt dch ein zart blaues Tuch; das Haar umgiebt ein graues
Kopftuch. Der neben ihr dehende Hirt, der zwei Lämmer in den Armen hält,
id nur mit einem Vliefs bekleidet. Zu den lichten Farbentönen diefer vier
Piguren deht die in Saftigem Dunkel gehaltene Gruppe zur Linken in wohl-
thuendem Kontrad. Prächtig id hier beS3nders die Gedalt des Hirten mit rother
Mütze, der dch mit beiden Händen auf den Stab lehnt. Ueber feinem dunkel-
blauen Rock hängt eine Ledertafche. Der fein Haupt dützende Hirte weiter
 
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