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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Valentin, Veit: Cornelius, Overbeck, Schnorr, Veit, Führich, 3, Kampf und Ausgang
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0109
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CORNELIUS.

Haupt zur Ruhe legen wird, wo das irdifche Leben fleh abfchließt und der
Blick, die Sehnfucht, die Furcht nach dem Jenfeits lieh wendet, da gehört nicht
mehr die Warnung, da gehört nach dem milden Charakter des reinen ChriRen-
thums die TröRung, die Verföhnung, die HoRnung hin. Und diefer Gedanke
wird der Keimpunkt für die neue Schöpfung, aus welchem Re ihre neue GeRalt
gewinnt. Bei der genaueren Durcharbeitung bricht derfelbe immer entschiedener,
reiner und reifer durch. Soll aber das Räthfel des Sterbens, feine Löfung und
fein tiefer Sinn in den Verlauf des WeltproceRes eingeordnet werden, fo muß
diefer felbR in die Erfcheinung treten, geordnet und geRaltet nach dem Werthe,
welcher die LöRmg des Räthfels enthüllt und nach den Thatfachen, welche
beRimmend und erläuternd auf Re einwirken. Damit iR die weltumfpannende
Weite des Planes und zugleich das Mais in feiner GeRaltung und Ausführung
gegeben: alle Hauptmomente vom Anfang bis zum Ende, aber auch nur diefe
unter energifcher Befeitigung alles an und für Reh noch fb Wichtigen, fbbald es
den Blick von dem die Ewigkeit durchmeRenden Gange des WeltproceRes ab-
lenken könnte. Da iR das ErRe und WichtigRe der Gedanke, dafs der ganze
Procefs mit Gottes Willen und EinverRändniß und felbR dann unter feiner
Leitung vor Reh geht, wenn die Sünde Reh von ihm ab wenden will: wie im
Goethe'fchen FauR das Vorfpiel im Himmel diefe Aufgabe hat, von vornherein
über den Ausgang der Wette zu beruhigen — wenn Gott und Teufel wetten,
kann nur Gott gewinnen —, fo mufs auch hier von Anfang an die Beruhigung
gegeben werden, dafs auch der Sündenfall im Plane Gottes liegen mufs. Von
einer hiRorifchen Darlegung der folgenden EreigniRe in ihrer pragmatischen
Folge kann nicht die Rede fein: das von vornherein bedingte Mais zwingt
Einzelnes herauszuheben, welches Andeutungskraft genug hat, um auf das Uebrige
fchließen zu laßen, welches alfo außer feiner hiRorifchen auch fymbolifche Be-
deutung hat. Es mufs aber auch der Abfchlufs des WeltproceRes mit herein-
gezogen werden: diefer kann noch weniger als fein Verlauf hiRorifch gegeben
werden; der fymbolifche Charakter iR hier vielmehr ausfchließlich berechtigt.
Damit wird der Wirklichkeit des Weltganges und der AuffaRung des Einzelnen
von der Wahrfcheinlichkeit feines Verlaufes nicht vorgegriffen, zugleich aber auch
der Widerfpruch des Denkens und der WiRenfchaft nicht hervorgerufen: hier
tritt fofbrt ein fehr wefentlicher GeRchtspunkt hervor, in welchem Cornelius
gegenüber feiner früheren SchöpRmg in der Ludwigskirche mit dem Weltgericht
außerordentlich gereift in der AuffaRung erfcheint, zugleich aber auch wie er
die durch den neuen GeRchtspunkt gegebene Befreiung von dem Predigtcharakter
der DarRellung zu verwerthen verReht. Regt dort die willkürlich hißorifche
Vorausfetzung den Widerfpruch an, fo läßt die rein fymbolifche DarRellung
hier einem Jeden die Freiheit, die gegebene Andeutung Reh in die Sprache
feines Glaubens und Denkens zu überfetzen: eine folche Ueberfetzung muß aber
von Jedem gemacht werden, welcher Art auch feine Glaubens- und Denkrichtung
fein möge. Damit hat Cornelius den Weg gewiefen, auf welchem allein folche
GegenRände Rir uns noch behandelt werden können.
Aber auch die äußeren VerhältniRe, wie Re durch den beabRchtigten Bau
gegeben waren, wirkten auf die AusgeRaltung maßgebend ein. In Verbindung
 
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