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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Frimmel, Theodor von: Josef Anton Koch: geb. zu Obergiblen am 27. Juli 1768, gest. zu Rom am 12. Januar 1839
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0139
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JOSEF ANTON KOCH.

Aus der Karlsfchule mag er nur geringes anatomifches Wiffen mitgebracht haben,
und bei Carftens hat er den Bau des menfchlichen Körpers gewifs auch nicht
methodifch ftudirt. So hing denn unterem Künftler ftets eine gewiffe Unhcher-
heit bei Darftellung der menfchlichen Figur an. Auf räumlich kleinen Blättern
ift das nicht auffallend, fo dafs einige wildbewegte Scenen aus Dante's Inferno
als meiftcrlich fkizzirt bezeichnet werden müffen. Je gröfser aber die Dimen-
honen werden, delto deutlicher zeigt hch der Mangel anatomifchen Wiffens.
Die Dante-Compohtionen Kochs, meifl Federzeichnungen, hnd in aller Welt
zerftreut. Der gröfste Theil behndet hch in der Wiener Akademie. In den
wRecenfionen und Mittheilungemt des Jahres 1865 wurde kurz nach Ankauf der-
felben aus Kochs Nachlafs eine gedrängte Ueberhcht über diefe Blätter gegeben,
Balles hiltorifchc und kritifche Details aber für eine fpätere Publication aufge-
fchoben. Diefe Zeichnungen eingehend zu behandeln ilt auch hier nicht der
Platz, doch follen unten einige kritifche Angaben nachgeholt werden '").
Viele Darhellungen wiederholen fleh, mehrere fogar drei bis viermal, ftets
aber variirt. So z. B. die Darftellung von Dante, Virgil und dem Engel auf der
Brücke (im Hintergründe), wie he auf Teufel und Verdammte (Vordergrund) hin-
abblicken (Inferno XXII). Ein Blatt bei Bernus zeigt diefe Gehalten, aufserdem
noch drei Blätter bei Breitel (he tragen die alten Nummern 2/, 28, 2p). Ein an-
deres Blatt bei Bernus, Dante und Virgil auf dem Unthicr des XVII. Gefanges,
zeigt dagegen harke Abweichungen von zwei Blättern bei Preltel, auf denen der-
felbe Ritt dargeftellt ift (Nr. 20 und 21).
Die erwähnten Zeichnungen halte ich für echt und für unberührt von fremder
Hand, wogegen eine Reihe der Dante-Blätter in Wien hch als überarbeitet her-
ausftellt. Auf einigen dürfte fogar aufser der Compohtion nichts von Koch
herrühren. Die fremde Hand, die hier eingegriffen, ift die von Kochs Schwieger-
fohn, Michael Wittmer, der nach Kochs Ableben den Verkauf des künftlerifchen
Nachlaffes leitete und an manche vom Schwiegervater unvollendet gelaffene Zeich-
nung die helfende Hand legte.
Einige unzweifelhaft von Wittmer gezeichnete Blätter führen auf die Spur,
wie man hch in der etwas verwickelten Frage zurecht zu finden vermag. Es ift
das vor Allem Nr. 6523, eine hgurenreiche Scene aus dem Inferno, von Wich-
tigkeit für die ftilkritifche Bcurtheilung der Koch'fchen Zeichnungen. Wir finden
daran eine durchaus faubere aber kleinliche Ausführung. Jede Form ift forg-
fam umriffen; jede befchattete Fläche des Hintergrundes ift mit gleichmäfsigen
Strichlagen ausgefüllt. Einks unten, halb von dem darübergeklebten Rande ver-
deckt, ift Folgendes zu lefen: BKoch 1803 invenit (Wit)tmer dis. 1839.«
Wittmer gefteht es hier ein, dafs er mit Benutzung einer KochTchen Com-
pohtion gearbeitet hat. Nicht fo aufrichtig ift er auf einem anderen Blatt
(Nr. 631p), das genau in derfelben Technik ausgeführt ift wie das vorhergehende,
auf dem aber die Bezeichnung Bj. Kochw rechts unten nicht die Ilandfchrift des
ebengenannten, fondern die von Wittmer zeigt. Noch andere Zeichnungen laffen
zwar mit Beftimmthcit in den grofsen Umriffen Kochs fefte Hand erkennen, hnd
aber mit Einzelheiten von der fchüchtcrnen Hand Wittmers vprfehen.'s)
 
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