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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Regnet, Carl Albert: Karl Rottmann: geb. zu Handschuchsheim 11. Januar 1798, gest. zu München 6. Juli 1850
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0187
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KARL ROTTMANN.

durch Form zu bedingen, nur das pofitiv Nothwendige hereinzunehmen und
rhythmifch zu gehalten. Da gibt es keine falfchen Verhältniffe, keine unklare
Form; der Klarheit des Gedankens entwächft die Klarheit der Gehaltung. Wir
wandeln mit dem Künhler durch die von ihm befuchten Gegenden und theilen
fein Intereffe an ihnen, das er noch durch glücklich gewählte Staffage heigert.
Gerade darin zeigt fich auch feine Meiherfchaft; man gewinnt die Ueberzeugung,
dafs eine andere, als die von ihm gewählte Staffage, ein Ding der Unmöglich-
keit, dafs he mit innerher Nothwendigkeit gerade da angebracht fein mufs, wo
er he angebracht hat.
Und im fchönhen Einklang mit feiner Auffaffung heht allezeit die Farbe
mit ihren Gegenfätzen und ihrer Verbindung, fo dafs er, Gedanke, Form und
Farbe zu vollem Ebenmafse vereinend, in feinen Werken ein Vorbild ward, das
der Welt zeigt, wie man, von einer grofsen belebenden Idee ausgehend, den
Befchauer erheben müffe, und das Harmonien fchuf, wie he nur in höchh vollen-
deten Kunhfchöpfungen zu finden.
Nur wenige Künhler üben eine folche Strenge gegen hch felbh. Abgefehen
von der Gewiffenhaftigkeit feiner Aufnahmen nach der Natur, fcheute er bei der
Ausführung feiner Bilder weder Zeit- noch Müheaufwand, befeitigte alles, was
ihn nicht vollhändig befriedigte, und liefs nicht ab, bis er endlich das Rechte
erreicht zu haben glaubte. Für das kleinhe Wölkchen machte er feine Studien
mit demfelben Fleifse wie für die gröfsten Baumgruppen. Safs er an der
Arbeit, fo gab es für ihn keine Welt mehr aufser ihm, und fo gefchah es wohl,
dafs er den Mittagstifch darüber vergafs und, wenn nicht abgerufen, nur bei ein-
brechender Nacht fein Atelier verliefs.

Es verheht hch, dafs ein Künhler von der Bedeutung Rottmanns von Fach-
genoffen vielfach um Rath angegangen wurde, und er vertagte ihn Niemand, wo-
bei er nach umhändlicher mündlicher Auseinanderfetzung feiner Anhcht nicht
feiten im Eifer für die Sache zu Stift und Kreide, Pinfel und Palette griff und
feine Worte damit unterhützte. Da gab es mitunter gar ergötzliche Gefchichten.
Zeichnungen und mehr oder minder ausgeführte Bilder nahmen unter des Be-
rathers energifcher Hand eine fo gründlich andere Gehalt an, dafs he der ur-
fprüngliche Autor felbh nicht mehr erkannte.
Hat Rottmann auch keine eigentlichen Schüler herangezogen, fo war fein
Einhuls auf die Münchener Eandfchafter-Schule ein ganzes Menfchenleben hin-
durch ein behimmender, der noch heute in Einzelnen nachklingt. Am leben-
dighen äufserte er hch in feinem jüngeren, am 26. März 1882 verhorbenen
Bruder Leopold und in Auguh Löffler; doch vermochten hch demfelben auch
Daniel Fohr, Heinrich Heinlein, Fritz Bamberger, Albert Zimmermann, Chrihian
Morgenhern u. A. nicht zu entziehen.
Trotz feiner unleugbaren Erfolge that hch Rottmann nie genug. Selbh
feine italienifchen Fresken erregten feine Unzufriedenheit in folchem Grade, dafs
er die mit grofser Sorgfalt hierzu ausgeführten Kartons, nebh anderen nicht zur
 
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