SEIN SCHAFFEN. — VIGNETTEN.
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Interieure" neben einer Urne, die he mit beiden Händen fafst; reichlich hrörnt
das Waller heraus, das ein angelehntes Ruder und den nackten Fufs der Nymphe
befpült, weiterhin ein Holzes Schiff von dannen trägt. Voll Anmuth entfalten
hch die fchönen Formen des fchräg gelagerten Leibes, über den ein leichter
Mantel vom rechten Arm herabfällt; der ganze Oberkörper ift entblöfst; das
Haupt mit Algen gefchmückt, neigt im Profil nach rechts, träumerifch, als fchweiften
die Gedanken hinaus mit dem Winde, der fie umfpielt. — Mit Recht gelten
diefe und andre Blätter als Kleinode unter den Liebhabern und Sammlern;
nirgends erfcheinen die Ideale der Revolution fo liebenswürdig wie hier, wo
ihre Strenge hch in Anmuth kleidet, ihr rauher Erntl fogar noch fchöne Form
gewinnt.
Diefem Poeten glauben wir gern; denn ihm ih Alles möglich. Ihm wird eine
Balleinladung behellt, und er liefert einen Hymnus auf Mufik und Tanz von
hinreifsendem Zauber. Zu den Seiten eines lorbeerbekrönten Apollokopfes zwei
junge Frauen: die eine, reich drapirt, fpielt die Leyer, die andre, leicht gefchürzt,
fchwebt auf der Spitze ihres Füfschens daher, beugt hch rückwärts, wirft lachend
den Kopf in den Nacken und fchiägt mit beiden Händen die Cymbeln, in
jubelndem Entzücken. — Die Wittwe eines Bijouteriehändlers im Palais - Royal
verlangt eine Adrefskarte ; Prudhon zeichnet auf dem Marmorpoftament mit der
Infchrift einen Schmuckkahen mit allerlei Gefchmeide, links beugt hch Amor
herüber und reicht mit verführerifchem Lächeln ein blitzendes Gehänge herab,
während unten ein lockendes Weib, unbedeckt bis an den Schoofs, in fchräger
Haltung htzend, mit beiden Händen einen Ohrring befeftigt. — Selbft für Bonbon-
nieren eines Konditors fpendet er hier eine Venus, halbnackt, knieend, wie he
beide Arme auf die Amors legt, der herzudrängt, he zu liebkofen ; dort bequemt
hch in den engen Rahmen gar Leda mit dem Schwan.
Verfchwenderifch hreut er, gleich gut wohin, poetifche Erfindung und Grazie
aus, die Andere oft bei den höchflen Aufgaben vergebens fuchen. Auf diefen
Schwarm verirrter Schmetterlinge folgt abermals eine Reihe kleiner Gebilde, die
hier und da vergraben hnd, vergraben, obgleich he zu den Didotfchen Editions
du Louvre und andern Prachtausgaben gehören, die fchon als gefchmackvollfte
Erzeugniffe der franzöhfchen Typographie Beachtung verdienen. Zu halb ver-
gebenen Klafhkern, ja zu ganz unwürdigen Produkten fchuf Prudhon Zeichnungen,
die mit wenigen Ausnahmen zu dem Beben rechnen, was ihm gelungen ift. Sie
geben die nothwendige Vorbereitung zu den grofsen Werken, mit denen er
hernach auf ein Mal hervortritt. Wohl noch in Paris vor feiner Abreife nach
Rigny, hnd die drei Zeichnungen zu Amyots Daphnis und Chloe begonnen, die
1796 ausgehellt, von Roger gehochen 1800 herausgegeben wurden. Die erfte ih
nur eine Titelvignette und hellt genau im Anfchlufs an den Text die Scene dar,
wie der Hirt im Gebüfche die Ziege und ihren kleinen Säugling Daphnis hndet.
«Das Bad" aber ih eine der glücklichhen Schöpfungen des Künhlers. Mitten
im Waldesdunkel am füllen Teich htzt Daphnis neben einem rohen Sockel, der
eine Gruppe der Grazien trägt; ein wenig zurückgelehnt, mit über einander ge-
fchlagenen Beinen, den Einbogen auf das Knie gehützt, fchaut er eifrig dem
jungen Mädchen zu, das furchtfam und zitternd den Fufs ins Waffer taucht,
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Interieure" neben einer Urne, die he mit beiden Händen fafst; reichlich hrörnt
das Waller heraus, das ein angelehntes Ruder und den nackten Fufs der Nymphe
befpült, weiterhin ein Holzes Schiff von dannen trägt. Voll Anmuth entfalten
hch die fchönen Formen des fchräg gelagerten Leibes, über den ein leichter
Mantel vom rechten Arm herabfällt; der ganze Oberkörper ift entblöfst; das
Haupt mit Algen gefchmückt, neigt im Profil nach rechts, träumerifch, als fchweiften
die Gedanken hinaus mit dem Winde, der fie umfpielt. — Mit Recht gelten
diefe und andre Blätter als Kleinode unter den Liebhabern und Sammlern;
nirgends erfcheinen die Ideale der Revolution fo liebenswürdig wie hier, wo
ihre Strenge hch in Anmuth kleidet, ihr rauher Erntl fogar noch fchöne Form
gewinnt.
Diefem Poeten glauben wir gern; denn ihm ih Alles möglich. Ihm wird eine
Balleinladung behellt, und er liefert einen Hymnus auf Mufik und Tanz von
hinreifsendem Zauber. Zu den Seiten eines lorbeerbekrönten Apollokopfes zwei
junge Frauen: die eine, reich drapirt, fpielt die Leyer, die andre, leicht gefchürzt,
fchwebt auf der Spitze ihres Füfschens daher, beugt hch rückwärts, wirft lachend
den Kopf in den Nacken und fchiägt mit beiden Händen die Cymbeln, in
jubelndem Entzücken. — Die Wittwe eines Bijouteriehändlers im Palais - Royal
verlangt eine Adrefskarte ; Prudhon zeichnet auf dem Marmorpoftament mit der
Infchrift einen Schmuckkahen mit allerlei Gefchmeide, links beugt hch Amor
herüber und reicht mit verführerifchem Lächeln ein blitzendes Gehänge herab,
während unten ein lockendes Weib, unbedeckt bis an den Schoofs, in fchräger
Haltung htzend, mit beiden Händen einen Ohrring befeftigt. — Selbft für Bonbon-
nieren eines Konditors fpendet er hier eine Venus, halbnackt, knieend, wie he
beide Arme auf die Amors legt, der herzudrängt, he zu liebkofen ; dort bequemt
hch in den engen Rahmen gar Leda mit dem Schwan.
Verfchwenderifch hreut er, gleich gut wohin, poetifche Erfindung und Grazie
aus, die Andere oft bei den höchflen Aufgaben vergebens fuchen. Auf diefen
Schwarm verirrter Schmetterlinge folgt abermals eine Reihe kleiner Gebilde, die
hier und da vergraben hnd, vergraben, obgleich he zu den Didotfchen Editions
du Louvre und andern Prachtausgaben gehören, die fchon als gefchmackvollfte
Erzeugniffe der franzöhfchen Typographie Beachtung verdienen. Zu halb ver-
gebenen Klafhkern, ja zu ganz unwürdigen Produkten fchuf Prudhon Zeichnungen,
die mit wenigen Ausnahmen zu dem Beben rechnen, was ihm gelungen ift. Sie
geben die nothwendige Vorbereitung zu den grofsen Werken, mit denen er
hernach auf ein Mal hervortritt. Wohl noch in Paris vor feiner Abreife nach
Rigny, hnd die drei Zeichnungen zu Amyots Daphnis und Chloe begonnen, die
1796 ausgehellt, von Roger gehochen 1800 herausgegeben wurden. Die erfte ih
nur eine Titelvignette und hellt genau im Anfchlufs an den Text die Scene dar,
wie der Hirt im Gebüfche die Ziege und ihren kleinen Säugling Daphnis hndet.
«Das Bad" aber ih eine der glücklichhen Schöpfungen des Künhlers. Mitten
im Waldesdunkel am füllen Teich htzt Daphnis neben einem rohen Sockel, der
eine Gruppe der Grazien trägt; ein wenig zurückgelehnt, mit über einander ge-
fchlagenen Beinen, den Einbogen auf das Knie gehützt, fchaut er eifrig dem
jungen Mädchen zu, das furchtfam und zitternd den Fufs ins Waffer taucht,
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