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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Rosenberg, Adolf: Paul Delaroche: geb. am 16. Juli 1797 in Paris, gest. daselbst am 4. November 1856
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0394
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ERSTE ERFOLGE.

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demfelben, in welchem Delaroche mit feinem Erftlingswerke, der "Rettung des
Joas durch Jofabetht<, erfchien. Obwohl es noch völlig im Geilte der alten Schule
gehalten und namentlich in den Stellungen und Geberden zu theatralifch war,
konnte Delaroche mit dem Erfolg diefer erflen Schöpfung zufrieden fein. Sie er-
regte die Aufmcrkfamkeit der Kritik und vermittelte ihm die Freundfchaft Ge-
ricault's, dem er manche gute Lehre verdankte. Er fah aber auch ein, dafs er
auf dem ausgetretenen Pfade der biblifchen Hiflorienmalerei nicht weiterkommen
würde, und that fchon im Salon von 1824 den erflen fchüchternen Schritt auf
dasjenige Gebiet, auf welchem fehr fchnell feine Lorbeeren wachfen und blühen
follten. Von den vier Gemälden, welche er 1824 ausflellte, dem "hl. SebafHann,
der ^Predigt des hl. Vincenz von Paula vor Ludwig XIII.a, "Filippo Lippi und
Lucrezia Buth< und dem "Verhör der Jungfrau von Orleans im Kerker durch den
Kardinal von Wincheher«, wies das letztere auf das Ziel, dem Delaroche zufteuern
wollte. Er hatte fchon damals Selbflerkenntnifs genug gewonnen, um einzu-
fehen, dafs er in der Gehaltung von dramatifchen Momenten durch Kompo-
htion und Farbe mit Delacroix nicht würde wetteifern können. Seine Klug-
heit bewahrte ihn auch davor, hch auf eine fchiefe Ebene zu begeben, auf
welcher er leicht zu Fall kommen konnte, zumal da er nicht die Kraft in hch
fühlte, hch von einem Sturze wieder aufzuraffen. Endlich mochte er fchon da-
mals die Empfindung haben, dafs über kurz oder lang eine Zeit kommen müfste,
wo die franzöhfche Gefellfchaft das unabweisbare Bedürfnifs haben würde, alle ge-
waltfamen Erfchütterungen abzulehnen. Er fah voraus, dafs in der Politik wie in
der Kunh einmal auch die ausgleichenden und haatserhaltenden Elemente, die
"Mittelparteiem<, an das Regiment kommen würden, und diefe Zeit kam in der
That. Als he kam, fand he den hervorragendhen künftlerifchen Interpreten ihrer
Beftrebungen, den Maler des Kompromißes, bereits auf der Höhe feines Ruhmes.
Delaroche gelangte fchnell genug zu diefer Höhe. Für feine Ausheilung im
Salon von 1824 erhielt er bereits eine Medaille erher Klaffe, womit nur allge-
meinen Wünfchen entfprochen wurde, da Delaroche, nach dem Ausfpruche eines
Kritikers, das Kunhhück fertig gebracht hatte, "die Zuhimmung der verfchieden-
hen Klaffen von Kunhfreunden, deren Gefchmack hch geradezu entgegengefetzt
ifb<, zu hnden. Am meiften griff den Befuehern des Salons freilich die Kerker-
feene mit der rührenden Gehalt der auf dem Stroh liegenden kranken Johanna
an das Herz. Ueber Griechen und Römern hatte man die Helden und Heroinen
des eigenen Landes, über dem theatralifchen Pathos der kalten Antike hatte man
die warme, von Zeit und Ort unabhängige Empfindung des Herzens vergehen.
Die Literatur hatte überdies einen fruchtbaren Boden vorbereitet. Wenn hch
auch Delaroche vor den Kühnheiten und Extravaganzen der romantifchen Schule
in der Malerei hütete, fo konnte er doch nicht gleichgültig gegen die Schöpfun-
gen der romantifchen Dichter und die der Erforfchung des Mittelalters zuge-
wendete Gefchichtsfchreibung bleiben. Alfred de Vigny, Cahmir Delavigne, ja
felbh Viktor Hugo wurden von Einhufs auf feine geihige Richtung, und Thierry
Guizot, Mignet waren die Hihoriker, welche ihm die Motive zu feinen Gemälden
boten. Da er von vornherein die Erfindung als feine fchwächhe Seite erkannte
und doch die Nothwendigkeit in hch fühlte, eine neue Bahn zu eröffnen, erklärte
Dohme, Kun(t u. KünfUer d. 19. Jahrh. No. 15.
 
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