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Dohme, Robert
Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuzeit: Biographien u. Charakteristiken (4,2): Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts — Leipzig, 1886

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Rosenberg, Adolf: Leopold Robert: geb. am 13. Mai 1794 in Les Éplatures, gest. am 20. März 1835 in Venedig
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https://doi.org/10.11588/diglit.36324#0425
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LEOPOLD ROBERT.

Ratten, um Reh an dem Erfolge feiner Gemälde zu erfreuen, und er machte Reh
wirklich Anfang März 1831 auf den Weg, der ihn zunächR nach Florenz führte.
Auf der Reife durch die Romagna hatte er ein Zufammentreffen, das ihn fehr
überrafchte. Er begegnete nämlich dem Prinzen Napoleon, der Reh durch feinen
Bruder Ludwig Bonaparte, den nachmaligen Kaifer der Franzofen, hatte ver-
leiten laffen, an dem AufRandc, der kurz vorher ausgebrochen war, theilzu-
nehmen. Kurze Zeit, nachdem Robert in Florenz eingetroffen, Rarb der Prinz
plötzlich in Ancona, wie wahrfcheinlich iR, an den Folgen der AnRrengungen
und Aufregungen, welche das kriegerifche Leben mit Reh brachte, und diefer
Zwifchcnfall hätte beinahe die Reife des KünRlers nach Paris vereitelt. Robert
fühlte Reh verpRichtet, der gebeugten Frau als tröRender Freund zur Seite zu
bleiben. Er malte ihr nach einem Miniaturbilde das Porträt des Verdorbenen,
und unter dem EinRuffe des täglichen Verkehrs fand feine Leidenfchaft neue
Nahrung, um fo mehr, als Re jetzt nicht ganz ausRchtslos zu fein fchien. Bei
Franzofen bedeutet der Standesunterfchied weniger als bei uns, zumal es Reh in
diefem Falle um eine PrinzefRn handelte, deren Gatte felbR aus dem Bürger-
Rande cmporgeRiegen war, die zu jener Zeit nicht die geringRe AusRcht hatte,
zu einer dominirenden Stellung in Frankreich zu gelangen, und in deren Familie
bürgerliche Hcirathen nichts Ungewöhnliches waren. Aber der unentfchloRcne,
weichherzige und energielofe Robert war nicht der Mann, der einer fo Rark-
geiRigen, faR männlichen Natur wie der PrinzefRn Charlotte imponiren konnte.
Was Re wirklich von ihm dachte, kann man aus dem Beileidsfchreiben heraus-
lcfen, welches Re nach dem SelbRmorde Robert's an deffen Bruder Aurele
richtete und in dem Re zu fehr den "ergebenen Freunde betonte, als dafs man
vermuthen könnte, Re hätte ein wärmeres Gefühl für den Unglücklichen gehabt.
Seine Perfönlichkeit war nach der Schilderung, die fein Biograph Fcuillct de
Conches von ihm entwirft, nichts weniger als anziehend. "Für denjenigen, der
ihn wenig kannte, hatte fein Acufseres nichts Verführerifches. Fr war ein kleiner,
fchmächtiger Menfch, fchwerfällig ausfehend und ohne DiRinktion. An feinen
dunklen, eng anfchliefsendcn und forgfältig zugeknöpften Kleidern, an feinem
die Augen verdeckenden Hute, an feinem dicken, tief zwifchcn den Schultern
Reckenden Kopfe, an feinem vcrdriefslichen und fauren GcRcht, an feinen Augen-
brauen, die Reh im Bogen gegen einander krümmten, an dem zarten und fchüch-
ternen Ton feiner Stimme erkannte man einen wenig mittheilfamen Charakter,
ein kummervolles Gemüth. Ueberall nahm er den letzten Platz ein, fpielte er
die unbedeutendRe Rolle. Wie Jeder, der Reh einem einzigen Gedanken hingiebt,
verbreitete er Langeweile um Reh her. Er gerieth namentlich in AngR vor jenem
Spiel von Spiegeln, vor jenem Kreuzfeuer, vor jenem Danaidenfafs, welches man
wohl oder übel ausfüllen mufs und das man in Frankreich "Konverfation« nennt.
Aber wenn er den Mund öfRiete, zeichnete fein wenn auch verlegen vorge
brachtes Wort mit kurzem und richtigem Ausdruck. Fühlte er Reh behaglich, fo-
zerRreute Reh die Wolke, welche feine Stirn verdunkelte, und wer mit ihm ge-
plaudert hatte, der fand fchliefslich an ihm etwas Feines und Wahres, etwas Ge-
fühlvolles, Liebenswürdiges und Trauriges, welches der Sympathie und der
Achtung zugleich würdig war.« Wenn Robert fclion feiner ganzen Natur nach
 
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