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Dolce, Lodovico; Eitelberger von Edelberg, Rudolf; Cerri, Cajetan [Transl.]
Aretino oder Dialog über Malerei — Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance, Band 2: Wien: Wilhelm Braumüller, K.K. Hof- und Universitätsbuchhändler, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.66197#0066
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nachdem die weise Natur den Kopf des Menschen, als das
Hauptstück dieses wundervollen Gebäudes, das man eine kleine
Welt nennt, gebildet, und ihn auf die hochte Stelle des Körpers
gesetzt hat, es sich von selbst ergibt, dass alle Partien dieses
selben Körpers ihr Maass mit Beziehung auf den Kopf bestim-
men. Der Kopf selbst, oder anders gesprochen, das Gesicht
theilt sich in drei Theile. Der eine beginnt an der Höhe der
Stirne, wo die Haare wachsen, und reicht bis zu den Augen-
brauen; der zweite von den Augenbrauen bis unten zu den
Nasenlöchern; die letzte von den Nasenlöchern bis herab zum
Kinne. Der erste Theil gilt als der Sitz der Weisheit; der
zweite als der Sitz der Schönheit; der dritte als der Sitz der
Güte. Die Grösse nun von zehn Köpfen gibt nach Einigen, die
Grösse des ganzen menschlichen Körpers; nach Anderen aber
jene von neun, acht und auch sieben Köpfen. Berühmte Auto-
ren behaupten, dass diese Grösse das Maass von sieben Fuss
nicht überholen könne. Das Maass des Fusses besteht aus sech-
zehn Fingerbreiten. Die Bemessung der Hälfte der Langen-
grösse des Körpers wird von den Theilen aus berechnet, welche
das Geschlecht von Mann und Weib unterscheiden, während
der Mittelpunkt des menschlichen Körpers überhaupt der Nabel
bleibt. Wenn man bei einem Menschen, der beide Arme aus-
gestreckt hält, eine vom Nabel ausgehende Linie zu den äusser-
sten Spitzen der Füsse und der Finger an den Händen führt,
so erhält man einen vollkommenen Cirkel. Die beiden Brauen
bilden zusammen die zwei Bogen der Augen; die Halbkreise
der Ohren müssen dieselbe Grösse haben, wie der offene Mund;
die Breite der Nase über dem Munde hat der Länge eines
Auges gleich zu kommen; die Nase selbst entspricht der Länge
der Lippe, und die Entfernung des einen Auges von dem
anderen ist eben so weit als das Auge lang ist; das Ohr ist
von der Nase so weit, als das Längenmaass des Mittelfingers
der Hand ausmacht, die Hand selbst aber muss die Länge der
 
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