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Dorotheum <Wien> / Bücherabteilung [Hrsg.]
Autographenauktion (1): Musiker, Dichter, Gelehrte, Bildende Künstler, Schauspieler, historische Persönlichkeiten: aus der Sammlung G. E. und aus anderem Wiener Besitze; vom 22. bis 25. Feburar 1922 — Wien, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.36248#0015
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VORWORT

V

Die ersten Wiener Autographen-Auktionen
im Anhang der ..Wiener Zeitung" vom 29. März 1838 stand zu iesen:
,,Vom 2. April an nachmittags von 3 bis 6 Uhr Versteigerung
der Autographensammlung am Kohlmarkt im Prandau'schen Hause
Nr. 1149, Stiege links im Hof, zweyten Stock, durch Artaria u. Comp."
Die erste allgemeine Autographenauktion auf deutschem Boden
war damit offiziell bekanntgemacht. Ihr folgten in den nächsten Jahren
fünf weitere, deren Bestände der Sammlung des Wiener Schriftstellers
und Antiquars Franz Graf f er (1785—1852) entnommen waren. ln
seinen „Kleinen Wiener Memoiren" (Wien 1845) schreibt er (Bd. 3.
S. 127 ff.).-
„Die Autographe anlangend, so versuchte ich es 4 Jahre lang,
von 1838—1841 (!). Ich gab 6 Versteigerungen, 6, wiewohl ich schon
bey der 3. calculiren konnte, daß bey der ganzen Sache nichts heraus
komme. Die erste Auction machte sich gut, wiewohl nicht glänzend;
denn wenn z. B. Luthe r auf 200 und Erasmus von Rotterdam
auf 25 Gulden ging, so waren das von mir selbst limitirte Preise. Mit
Schiller, der auf 60 Gulden stieg, ist das eine eigene Sache; es
waren zwey herzhafte Concurrenten da; Schiller wird immer hoch
gehen, wie Goethe immer sehr gering gehen wird (1 fl. ausgcrul'en.
blieb er zuletzt liegen), das begreift sich von selbst.
Die Erscheinung. Handschriften marquanter Personen in Anzahl
öffentlich zu Markte zu bringen, war bey uns neu. Ein ziemlich zahl-
reiches Publicum fand sich ein; es schien, die Lust. Autographe zu
sammeln, sey vorhanden; und es war Anlaß da. zu folgern, daß diese
Neigung sich befestigen und ausbreiten werde. Ich gab also eine
zweyte Auction. und siehe, es war nicht: mehr viel zu sehen von
Liebhabern oder Käufern oder lediglichen Neugierigen. Das Meiste
ging mittelmäßig; Viel blieb liegen; es war ein bloßes Scheingeschäft,
selbst wenn manches einzelne Stück wirklich sehr hoch wegging; denn
auf Einzelheiten kommt es nicht an, sondern auf das Ganze, auf das
Endresultat. Und in diesem Verhältniß, immer schwächer und schwächer,
ging es bis zur sechsten Versteigerung . . ."
Die damals wenigen Autographen-Liebhaber scheinen den Kauf zu
festen Preisen, auch Tausch und Geschenk dem Auktionsverkehr vorge-
zogen zu haben. Doch hatte die Wandlung des rein wissenschaftlichen,
archivalischen Interesses an der Handschrift zum psychologischen den
Sammeleifer derart erhöht, daß die Versuche Gräff'ers wohl grundlegend
für den Autographenhandel in Wien genannt werden können. —

!. Autographen-Auktion
 
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