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Dragendorff, Hans; Archäologische Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Alexander Conze: Gedächtnisrede gehalten am Winckelmannstage 1914 in der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin — Berlin, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.41440#0009
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schaftliche Rekonstruktion der Parthenos begann; daß er ein herrliches
Stück, wie den Bologneser Kopf, der dann durch Furtwängler zu solcher
Bedeutung gelangt ist, hervorzog und feine Bemerkungen an ihn knüpfte.
Neues Material in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen, den Bau
unserer historischen Erkenntnis der monumentalen Hinterlassenschaft der
Alten nicht nur mehr und mehr zu festigen, sondern ihn auch zu erweitern,
war überhaupt von Anfang an Conzes klares Streben. Da war ihm nichts
zu gering; Conze fragte nie danach, ob die Dinge klein und unscheinbar, ob sie
schön oder nicht schön waren. Er wertete sie danach, ob sie uns etwas
lehren konnten. Man lese nur einmal die immer knappen, kurzen Reise -
notizen, die der junge Doktor in der Archäologischen Zeitung veröffent-
lichte. An denen kann sich noch heute jeder Stipendiat ein Muster nehmen.
Man lese vor allem die beiden Werke über seine Reisen auf den Inseln des
thrakischen Meeres und auf Lesbos, die auf von Ross nicht betretenen Gebieten
dessen Inselreisen fortsetzen sollten und die Vielseitigkeit des Interesses, die
Sorgfalt der Beobachtung des jungen Gelehrten zeigen. So steht gerade Conze
mit an der Spitze der Archäologen, die unser Arbeitsgebiet und unser
Arbeitsmaterial gewaltig erweitert haben.
Auch seine „Beiträge zur Geschichte der griechischen Plastik“, die 1868
erschienen, haben den ausgesprochenen Zweck, diesem Forschungsgebiet
neues Material zuzuführen. In ganz selbständiger Weise hat hier Conze sich
in den Stoff versenkt. Ganz selbständig sucht auch er, was damals gerade
erst begann, Archäologie und Kunstgeschichte zu verbinden. Aber er steht
den damals auf diesem Gebiet führenden Männern frei gegenüber. Kein Wunder,
daß seine stilgeschichtlichen Aufstellungen starken Widerspruch gefunden
haben. Sie waren gewiß in manchen Punkten verfehlt. Und doch ist man
überrascht, wie Conzes klarer, nüchterner Blick schon damals gewisse Schwie-
rigkeiten, über die andere in ihrer Entdeckerfreude, ohne sie zu bemerken,
hinweggeglitten waren, gesehen und damit Probleme, an denen wir heute
noch arbeiten, aufgedeckt hat. Ich will nur eines hervorheben. Conze irrt
gewiß in seiner Polemik gegen Friederichs Nachweis des polykletischen Dory-
phoros, aber er irrt, weil er ganz richtig das Problem der gegenseitigen Be-
 
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