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Dragendorff, Hans; Archäologische Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Alexander Conze: Gedächtnisrede gehalten am Winckelmannstage 1914 in der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin — Berlin, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.41440#0010
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einflussung der attischen und peloponnesischen Bildhauerschule fühlte, weil
er die Beziehungen, die den Doryphoros mit attischen Werken verbanden,
nicht übersah und mit peloponnesischem Ursprung des Werkes nicht vereinigen
zu können glaubte. Lösen konnte er das Problem nicht, können auch wir es
heute noch nicht ganz. Wenn Conze aber in dieser Schrift weiter, entgegen
der damaligen Auffassung, behauptete, daß die pasitelische Schule ihren
Kanon sich nicht nach dem Muster älterer Vorbilder geschaffen, sondern
unmittelbar ein Kunstwerk der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts als Kanon
benutzt habe, so hat ihm die Folgezeit durchaus recht gegeben. Heute wissen
wir, daß die Stephanosfigur die Kopie eines Werkes des 5. Jahrhunderts ist,
keine Erfindung des Pasiteles.
Weiter zielen andere Arbeiten Conzes. Schon 1862 hatte er seine Schrift
über die,,Melischen Tongefäße“ erscheinen lassen, in der er die erste zusammen-
fassende wissenschaftliche Veröffentlichung einer Gruppe hochaltertümlicher
Tongefäße griechischen Fundortes gab. 1870—73 folgte in zwei Aufsätzen eine
der bahnbrechendsten Arbeiten in unserer archäologischen Wissenschaft. In
den Sitzungsberichten der Wiener Akademie erschien Conzes Aufsatz über die
Anfänge der griechischen Kunst. Bis dahin begann die Geschichte der griechi-
schen Kunst mit den Denkmälern des orientalisierenden Stiles, d. h. etwa
ums Jahr 700 v. Chr. Conze faßte zum erstenmal in diesem Aufsatz die Vasen
geometrischen Stiles zusammen, wies nach, daß der geometrische Stil zeitlich
vor den orientalisierenden zu setzen sei, und schob so mit einem Schlage den
Beginn der griechischen Kunst bis an den Anfang des 1. Jahrtausends hinauf.
Der griechischen Archäologie waren damit etwa drei Jahrhunderte gewonnen,
bedeutsame Jahrhunderte, in denen die spätere politische Gruppierung
Griechenlands sich ebenso vorbereitet wie die Kolonisation, in denen die
Schrift aufgenommen wird und so vieles in Literatur und Kunst im Keime
sich vor bildet, was sich dann in der helleren Folgezeit vor unseren Augen zur
Blüte entwickelt. Weit über das geringe zufällige Material hinaus, das Conze
sich damals aus den verschiedensten Museen zusammensuchen mußte, ist
heute unser Material gerade für die geometrischen Stile gewachsen; durch
systematische Ausgrabungen haben wir gerade für diese' Stilperiode in Grie-
 
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