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YIH, 3: Wirtschaftliches Lehen.

zusammen. Aber der Gegensatz zwischen arm und reich beim
Klerus war hier nur noch augenfälliger und klaffender, da
ein unverhältnismässig grosser Teil des Kirchengutes sich in
den Händen des Bischofs und des Kapitels befand. Das
Kapitel hatte ja dem übrigen Klerus gegenüber von vorn-
herein den Vorteil, dass es organisiert war und daher als eine
Einheit auftreten, erwerben und festhalten konnte. Die andern
Kleriker hingegen waren vereinzelt und wehrlos; wollte der
Bischof selbst zu ihren gunsten gegen die Kanoniker auftreten,
so hatten die Letzteren von alters her gegen entscheidende Ein-
griffe desselben in die Verfügung und Verwaltung ihres Gutes
durch immer wiederholte Urkunden sich weislich gewappnet1).
So sassen sie von rechtswegen in ihren fetten Pfründen, obwohl
ihre Leistungen nicht damit übereinstimmten. Denn die eigent-
liche Last der Arbeit ruhte auf den niederen Geistlichen2), und
gerade für sie blieb nur ein geringer Teil der Einkünfte übrig;
auch diese Einkünfte wurden in Verona z. B. zum grossen Kum-
mer Bathers nicht etwa unter Aufsicht des Bischofs gleichmässig
verteilt, sondern der Stärkere nahm sich mehr, der Schwächere
erhielt weniger 3). Harte Arbeit und kümmerlicher Lebensunter-
halt, — was hielt unter solchen Umständen die niederen Kleriker
noch bei ihrem Berufe? Die Aussicht selbst einmal in eine Stelle
des Kapitels einzurücken. Denn was wir von Verona wissen,
ist sicher der Typus einer ganzen Anzahl von Fällen: es fand
eine langsame Beförderung in die freiwerdenden Kanonikate
statt. Da nun aber die Geistlichen in dieser Erwartung nichts
zur Ausbildung in ihrem Berufe zu thun für nötig hielten4), da
ferner doch nur ein Bruchteil von ihnen an das ersehnte Ziel ge-
langen konnte, sq war es bei dieser Entwickelung unvermeidlich,
dass allmählich die niederen Grade desKlerus mangels hinreichender

*) Yefigl. z. B. für Verona die Bulle Johanns XII, Jaffe-L. Nr. 3726.
Gerichtsurteil des Patriarchen Rodoald v. Aquileja, 968 Mai 14 (Rather,
Opp. 663 fg.) — Piir Pisa: Urk. Ottos III zwischen 996 und 1002 (FzDG
XIII 607), Heinrichs II 1015 (ib. 610). — Für Lucca: Urk. Hugos und
Lothars 941 (Muratori, Ant. Y 282), Ottos I 962 März 13 (DO I Nr. 238)
und Ottos II, 982 Dez. 21 (DO II Nr. 289).
2) Rather, Judic. 2 (Opp. 470). Yergl. De cont. can. I 4 (S. 342)
und Yogel, Rather I 381 fg.
3) Id. de cont. can. I 3 (Opp. 342). Vergl. Yogel I 377.
4) Yergl. oben S. 183,
 
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