122
NORDISCHE WELT
beruht diese Hoffnung zum guten Teile auf dem Vorbilde
und der erzieherischen Kraft der Leistung Menzels.
Dem Preussentume angehörig, hat er seinen schöpfe-
rischen Geist der Kunst zugeführt. Im Bürgertume wur-
zelnd, hat er die Kunst mit dessen riesenhafter Arbeits-
kraft befruchtet. Ein echter moderner Mensch, hat er
sein Schaffen auf die Methode der modernen Wissen-
schaft gegründet und sie der Kunst dienstbar gemacht.
Ein Sohn des Zeitalters, das in der Deutung der Ver-
gangenheit Halt und Hoffnung suchte, hat er die künst-
lerische Behandlung der Vergangenheit auf eine neue
Basis gestellt. Das sind, wie ich meine, die Elemente,
die die Bedeutung und die Kraft seines Schaffens aus-
machen. In all diesen Leistungen aber ist Menzel als
Mensch und Künstler ganz ein Geschöpf der nordischen
Welt. Die Alpen, hat man gesagt, scheiden Europa in
zwei Welten; ihr Kampf und ihr Ausgleich bildet das
immer wieder auftauchende und beherrschende Problem
der europäischen Geschichte seit dem Verfalle des Rö-
merreiches. Goethe überstieg den trennenden Wall und
führte beide Welten einander in die Arme; Menzel ist
durchaus cisalpin. Kein Hauch hellenischer Heiterkeit
und Freiheit, italienischer Schönheit und Grossartigkeit
lebt in seinem Werke; Phidias und Praxiteles, Botti-
celli und Lionardo sind wesenlose Schemen, wenn man
im Reiche Menzels wandelt. Dass Goethe sich erst in
Italien fand, dass unsere ganze moderne Bildung auf
der Auseinandersetzung zwischen Romanentum und Ger-
manentum beruht, — sein Schaffen deutet nichts davon
an. Allein auch hier ist seine Einseitigkeit seine Stärke.
Mit grossartiger Kraft hat er die gesamte Tradition der
NORDISCHE WELT
beruht diese Hoffnung zum guten Teile auf dem Vorbilde
und der erzieherischen Kraft der Leistung Menzels.
Dem Preussentume angehörig, hat er seinen schöpfe-
rischen Geist der Kunst zugeführt. Im Bürgertume wur-
zelnd, hat er die Kunst mit dessen riesenhafter Arbeits-
kraft befruchtet. Ein echter moderner Mensch, hat er
sein Schaffen auf die Methode der modernen Wissen-
schaft gegründet und sie der Kunst dienstbar gemacht.
Ein Sohn des Zeitalters, das in der Deutung der Ver-
gangenheit Halt und Hoffnung suchte, hat er die künst-
lerische Behandlung der Vergangenheit auf eine neue
Basis gestellt. Das sind, wie ich meine, die Elemente,
die die Bedeutung und die Kraft seines Schaffens aus-
machen. In all diesen Leistungen aber ist Menzel als
Mensch und Künstler ganz ein Geschöpf der nordischen
Welt. Die Alpen, hat man gesagt, scheiden Europa in
zwei Welten; ihr Kampf und ihr Ausgleich bildet das
immer wieder auftauchende und beherrschende Problem
der europäischen Geschichte seit dem Verfalle des Rö-
merreiches. Goethe überstieg den trennenden Wall und
führte beide Welten einander in die Arme; Menzel ist
durchaus cisalpin. Kein Hauch hellenischer Heiterkeit
und Freiheit, italienischer Schönheit und Grossartigkeit
lebt in seinem Werke; Phidias und Praxiteles, Botti-
celli und Lionardo sind wesenlose Schemen, wenn man
im Reiche Menzels wandelt. Dass Goethe sich erst in
Italien fand, dass unsere ganze moderne Bildung auf
der Auseinandersetzung zwischen Romanentum und Ger-
manentum beruht, — sein Schaffen deutet nichts davon
an. Allein auch hier ist seine Einseitigkeit seine Stärke.
Mit grossartiger Kraft hat er die gesamte Tradition der