Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lucka, Wilhelm [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 27): Landkreis Uelzen — Braunschweig, 1984

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44438#0071
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
handlung Jahn (Gudesstraße 22, ca. 1910).
Das Geschäftshaus wird in die Nebenstraße
hinein fortgesetzt, wobei die Fassade in den
einzelnen Abschnitten differenziert behandelt
wird. Innerhalb der gleichförmigen Nach-
kriegsbebauung setzt der Eckbau heute einen
städtebaulichen Akzent.
Achterstraße 3 (1907, Architekt Behle) ent-
stand als reines Wohnhaus. Die Fassade des
dreigeschossigen Gebäudes wurde mit wei-
ßen glasierten Fliesen verkleidet, von denen
sich die kräftigen Putzumrahmungen der Fen-
ster absetzen.
DIE STADTBEFESTIGUNG
Die 1381-86 erbaute Stadtmauer beschrieb
an der Ostseite der Stadt einen Bogen, der un-
gefähr der llmenaukrümmung folgte. Ausge-
hend vom Lüneburger Tor im Norden der
Stadt, verlief sie an der Kleinen Gasse zwi-
schen den Häusern Lüneburger Straße 34
und 36 nach Osten und entlang der rückwärti-
gen Grundstücksgrenzen von Schnellenmarkt
2-16 und der Mauerstraße zum Gudestor. Im
weiteren begleitete sie die Mühlenstraße bis

Achterstraße 3,1907, Architekt Behle


zum Herzogenplatz, über den sie dann zum
Veerßer Tor stieß. In einem weiten Bogen
führte sie an derTurmstraße und Rosenmauer
zum Lüneburger Tor zurück. Mit einer Länge
von ca. 1 345 m umschloß die vier Meter hohe
Mauer die Stadt vollständig. Sie wurde durch
neun große und elf kleine Türme verstärkt. An
der Süd- und Westseite wurde vor der Mauer
zusätzlich ein dreifacher Graben ausgehoben
und mit der Erde ein Wall aufgeschüttet. Die
drei Ausgänge der Stadt wurden durch dreifa-
che Toranlagen gesichert.
Die mittelalterliche Wallanlage wurde unter
dem Eindruck des Dreißigjährigen Krieges
1639-43 von Soldaten der Uelzener Garni-
son und dienstpflichtigen Bauern durch die
Anlage von Bastionen und Schanzen ausge-
baut. Dabei wurde zum Schutze des Gudesto-
res der Ratsteich angestaut, der in der Folge-
zeit unter anderem als Vieh- und Pferdeträn-
ke, sowie im Winter zur Eisgewinnung durch
die Uelzener Brauereien genutzt wurde und
heute noch in gleicher Form vorhanden ist.
Zusammen mit dem llmenauteilstück unter-
halb der bereits 1273 erwähnten Stadtmühle
faßt er eine Insel ein, auf der 1574 erstmals ein

Veerßer Straße / Herzogenplatz,
Kriegerdenkmal, 1874



Mühlenstraße 27,1927, Architekten Wendthut
und Wolff, rechts Stadtmauer

Schützenhaus erbaut wurde. Heute steht hier
ein Gasthaus. Der Ratsteich verbindet sich mit
der vorgelagerten Parkanlage auf der Rats-
wiese (im 19. Jh. noch Schweinemarsch ge-
nannt) und dem die Gertrudenkapelle halb-
kreisförmig umgebenden Friedhof zu einer
Einheit, die ihre Fortsetzung in den Flußauen
am llmenauufer nördlich der Gudesstraße fin-
det.
Lange nachdem sie ihre Schutzfunktion ein-
gebüßt hatte, wurde 1788 die Befestigung be-
seitigt. Der Wall wurde eingeebnet und die in-
neren Gräben verfällt. Der äußerste Graben
blieb zunächst als natürlicher Wasserlauf in
einer Niederung erhalten. Mitte des 19. Jh.
wurde er reguliert und eingefaßt. Aus der fol-
genden Zeit stammt auch das schöne eiserne
Geländer entlang der Ringstraße.
Der östliche Teil des Grabens, der hinter dem
Schnellenmarkt, der Mauer- und der Mühlen-
straße in den Mühlenkolk floß, wurde bis 1897
vollständig zugeschüttet, so daß der Stadt-
graben nördlich des Schnellenmarktes in die
Ilmenau zurückgeführt wurde.
DIE BEBAUUNG IM BEREICH
DER BEFESTIGUNG
Das LüneburgerTor wurde bereits 1792 abge-
brochen und durch zwei Sandsteinpfeiler mit
schmiedeeisernen Flügeln ersetzt, die später
nach Holdenstedt kamen. Beim Lüneburger
Tor, unmittelbar an der früheren Stadtgrenze,
baute sich 1846 der Club Union, eine Vereini-
gung wohlhabender Uelzener Bürger, ein
Clubhaus, das heute als Heimatmuseum ge-
nutzt wird (Nr. 36). Dem zweigeschossigen
Fachwerkbau wude zur Lüneburger Straße
hin eine massive klassizistische Fassade vor-
gesetzt, die im Obergeschoß glatt, im Erdge-
schoß in Quaderung verputzt ist und durch
Gesimse horizontal gegliedert wird. Die Brü-
stungen der hohen Obergeschoßfenster sind
durch Ornamentplatten geschmückt.
Der Turm des Veerßer Tores wurde 1800 als
Verkehrshindernis beseitigt. Im Bereich der
eingeebneten Befestigung zwischen Veerßer
Straße und Ilmenau wurde 1872 ein Gymna-
sialschulgebäude gebaut. Nach dem Abriß
der im Zweiten Weltkrieg schwer bechädigten
Schule entstand hier der weite Herzogenplatz.
Das Kriegerdenkmal an seiner Westseite, ei-
ne von einem Bronzeadler gekrönte Säule aus
Serpentinstein, wurde 1874 zum Andenken
an die im Krieg 1870/71 gefallenen Soldaten
aus der Stadt Uelzen und dem Amt Oldenstadt
aufgestellt. An der Westseite der Veerßer
Straße wurde die Bebauung mit Bürgerhäu-
sern weitergeführt.
Das frühere Gudestor wird markiert durch das
Haus Gudesstraße 33, das durch sein auffälli-
ges Vorspringen aus der Straßenflucht den
optischen und räumlichen Abschluß der bis
hierhin sehr breiten Gudesstraße bildet. Das
wohl 1827 erbaute Fachwerkhaus wurde
1919 für die Nutzung als Bankfiliale durchgrei-
fend umgebaut. Dabei wurde das Erdgeschoß
massiv ersetzt und die auf die Gudesstraße
ausgerichtete Westseite als ornamentierter
Schaugiebel mit leicht vorgezogenem, über
die Gebäudeecke auskragenden Seitengiebel
gestaltet (heute Katasteramt).

70
 
Annotationen