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Dürer, Albrecht [Ill.]
Albrecht Dürers Handzeichnungen in der Königlichen Bibliothek zu Dresden — Nürnberg, [1871]

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https://doi.org/10.11588/diglit.15808#0012
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Tafel 28. Weibliche Figur von vorn, mit Eintheilungslinien.

Tafel 29. 2 mänidiche Figuren aus der Proportionslehre, oben : „ein man m er Den 8 hawbt lang."
Tafel 30. Entwurf der Körpermaasse des Kindes aus der Proportionslehre.

Tafel 31. Stehende Frau von der Seite, mit Eintheilungslinien, und dieselbe sitzend mit leichter Schraf-
firung; besonders merkwürdig durch die Inschrift: „Dz ist awch schon gemacht 1507", wodurch es als
eins der frühesten Blätter aus diesem Bereiche charakterisirt wird. Unten ein Eintheilungswinkel.

Tafel 32. Entwurf einer starken weiblichen Figur mit Eintheilungslinien aus der Proportionslehre.
Skizze einer Krönung der Maria, Gewantistudie und Maske eines alten Mannes. Mit Monogramm.

Tafel 33. Dieselbe weibliche Figur mit mehr durchgeführter Eintheilung. stehend und sitzend: oben
eine durch Linien verdeutlichte Notiz in Bezug auf die Stellung des Kopfes. Mit Monogramm.

Tafel 34. 2 weibliche Figuren aus den Proportionen; oben: „Hie sint die gestragekten linien
aussgelassen."

Tafel 35. 4 Untertheile eines menschlichen Körpers, wahrscheinlich nach italienischen Vorbildern.
Tafel 36. Verschiedene Ornamente und zwei Kreise mit perspectivisclier Eintheilung.
Tafel 37. Entwurf eines Deckelbechcrs in reinem Renaissancestil.

Tafel 38. Ein Lindwurm, im Orginal leicht colorirt. Das obenstellende Monogramm wohl von
späterer Hand.

Tafel 39. 7 Gewandstudien.

Tafel 40. Gewandstudie mit theilweise abgeschnittener Inschrift, schraffirtes Bein, Skizze eines Königs, dor
Mann in Baret und Talar aus der Unterweisung der Messung, eingetheiltcs Gesicht und zurückgeworfener Kopf.-"

Wir fügen unserer Betrachtung noch eine Bemerkung hinzu, die zwar die Kunst Dürer's im Allgemeinen
betrifft, jedoch auf die vorliegende Veröffentlichung eine besondere Anwendung findet. Wie überhaupt in unserer
Zeit Kunstübung und Geschmack wieder in bedenklicher Weise eine Richtung zum Virtuosenthum nehmen, so
hat das etwa seit einem Jahrzehnd mächtig gesteigerte Interesse für unsern bedeutendsten älteren Künstler
auch eine gewisse Genugthuung darin gesucht, seine Meisterschaft über ihren wirklichen Umfang auszudehnen
und ihm Fertigkeiten zuzuschreiben, deren überflüssiger Besitz gerade zeigen soll, wie reich der Gegenstand
unserer Bewunderung ausgestattet war. Wir schaden durch solches Verfahren nicht nur dem Letzteren, indem
wir ihn in ganz unbegründeter Weise der Critik aussetzen, sondern verfehlen auch unser Ziel, indem wir
am wahren Kern seines Werthes vorübergehen. Nach überlieferten Zeuguissen zollte Dürer selbst seinen auf
verwandten Gebieten thätigen, bewährten Zeitgenossen die grösste Anerkennung, wie überhaupt sein durchaus
uneigennütziger, reiner Sinn, seine liebenswürdige Persönlichkeit nicht weniger als seine Kunst auf Alle, die
ihm nahe traten, eine so grosse Anziehungskraft übte. Es ist darin wohl eingeschlossen, dass er seinen eigenen
Werth gegen den Anderer richtig abwog, und wäre dieses auch nicht der Fall gewesen, so würde ein kühles
Urtheil auch unserer wärmsten Verehrung keinen Abbruch thun. Es lag ja nahe, dass ein so reich begabtes
Talent, ein so umfassender Geist sich auf manchem Gebiet der schöpferischen Bethätigung versuchte, welches
nicht unmittelbar mit seinem eigentlichen Berufe in Zusammenhang stand. Aber wir dürfen nicht erwarten,
und er selbst wird es am wenigsten beansprucht haben, dass er in solchen Versuchen sogleich auch das Höchste
leistete, dessen seine Zeit überhaupt fähig war. Betrachten wir z. B. die aufgeführten Zeichnungen für Gold-
schmiedearbeiten, so müssen wir gestehen, dass die damaligen Männer von Fach, wie ihre erhaltenen Arbeiten
beweisen, auch wenn ihre Namen nicht auf uns gekommen sind, Bedeutenderes zu Tage förderten. Der Ent-
wurf des thurmförmigen Springbrunnens, welcher an einzelne Theilc der Ehrenpforte Kaiser Maximilians erinnert,
ist so abenteuerlich, dass selbst Hausmann in seinem Verzeichnisse dieser Handzeichnungen deren eigentlichen
Zweck übersah. Gleichwohl wäre es zu verwundern, wenn nicht in allen diesen, selbst dilettantischen Uebungcn
des Meisters Anklänge seines wahrhaften Genies zu finden wären und vorzugsweise deshalb sind auch sie der
eingehenden Betrachtung würdig.

Andrerseits erkennen wir aus den mitgetheilten ersten Entwürfen und leichten Skizzen, dass auch Dürer's
Arbeiten nicht gleich fertig, wie Minerva aus dem Haupte Jupiters, unter seiner Hand hervorgegangen, wie
man hie und da geneigt gewesen, anzunehmen, dass sie vielmehr einen Anfang hatten und sich oft mühsam
zur Vollendung durchrangen. Welche Midie Dürer aber auf seine Arbeiten verwandte, sehen wir kaum anderswo
so, wie in den zahlreichen Anfängen, Wiederholungen und neuen Bearbeitungen des Dresdener Manuscriptes.
In dieser Mühe aber, d. h. in dem rastlosen Drange der Seele, sich genugzuthun, indem der äusserste Grad
des eigenen Vermögens erreicht, die letzte Gabe der vorhandenen Erkenntniss verwerthet, das Urtheil bis zur
höchsten Instanz verfolgt, in dem sittlichen Vollgehalte seiner Kunst liegt die wahre Bedeutung des Künstlers,
die Rechtfertigung unserer immer tiefer eindringenden Beschäftigung mit derselben und der hohen Achtung,
die wir auch vor den in diesem Werke enthaltenen Zeugnissen seiner Thätigkeit hegen.

Nürnberg-. 1871.
 
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