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Dürer, Albrecht; Steck, Max [Editor]
Schriften, Tagebücher, Briefe — Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.61697#0187
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IV. BÜCHER

1. Underweysung der messung . . .
Dürers erstes Buch, die „Underweysung der messung mit zirckel
und richtscheit in linien, ebenen und ganzen corporen“ ist im Jahre
1525 in Nürnberg bei Koberger erschienen. Es ist die Grundlage so-
wohl der nachfolgenden „Befestigungslehre“, als auch der „Pro-
portionslehre“ , um deretwillen es geschrieben wurde, wie Dürer selbst
bezeugt. Die Anfänge dieses Lehrgangs der Mathematik in ihrer An-
wendungsform auf die Gestalt- und Formprobleme der bildenden
Künste und des Kunsthandwerks im weitesten Sinne gehen auf die
Zeit von Dürers intensiven Studien über den Proportionskanon des
Menschen und der Tiere (Pferde), also nachweisbar bis ins Jahr 1500
zurück. Wahrscheinlich aber reichen sie bis in die Zeit der ersten
Italienreise in der Mitte der 90er Jahre hinauf. Die ersten Figuren-
entwürfe zu den Abbildungen des Buches haben wir aus dem Jahre
1503/04 (Skizzenblatt mit Proportionsstudien am männlichen Akt
und an Pferden, Vorlage für den Kupferstich „Das kleine Pferd“ von
1505 und für die Näherungslösung der „Quadratur des Zirkels“ nach
Vitruv) (s. Bild 4 vor S. 49). Dann ein datiertes Skizzenblatt von 1510
mit der Entwurfsskizze für die Fig. 9/10 des 3. Buches: Konstruktion
einer Säule“. In den unveröffentlichten Londoner Manuskripten sind
weitere Figuren und Text vorhanden, die sich relativ früh ansetzen
lassen.
In diesem Buch strömen drei Quellen zu einem lebendigen Strom
zusammen: Die erste ist das Grundwerk antiker Mathematik und
Philosophie, die „Elemente“ (Stoicheia) Euklids, die sich Dürer 1507
in Venedig gekauft hatte. Das zweite antike Werk, das Dürer fleißig
studiert hat, ist das Buch „De architectura“ (Über die Baukunst im
weitesten Sinne, auch des menschlichen und tierischen Körpers, der
Pflanzen usw.) des Baumeisters des Kaisers Augustus, Vitruv. Die
dritte Hauptquelle neben der Schrift „De Divina Proportione“ des
Luca Pacioli (Venedig 1509), des Lehrers Leonardo da Vincis, sind die
Kunsttheorien der Italiener (hauptsächlich des Leonbattista Alberti,
dessen Buch „De Pictura“ 1511 in Nürnberg in einer deutschen Aus-
gabe erschienen war). Die Vorstufe dieser gedruckten gelehrten Werke
war die „Geometria Deutsch“ (Nürnberg 1483/84), aus der Dürer
nachweislich an mehreren Stellen geschöpft hat. Sie enthielt die Tra-
dition der Bauhütten in bezug auf deren geometrische Konstruktionen
vor allem für das Maßwerk und den figürlichen Schmuck der gotischen

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