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Kante des Opisthodom und an den Kapitellen der Pronaos- und Opisthodom-Säulen auf den der Cella zu-
gekehrten Seiten.

Ueber die Schickfale des Baues, die Deformationen der Horizontalen und die Bemalung wurde an
verfchiedenen Stellen fchon früher berichtet. Der Marmor wurde im Verlaufe der Zeit, nachdem feine
Oberfläche zerfreffen , zum Theile, namentlich an der Oft- und Weftfeite, von einer goldbraunen Flechte
überzogen, während die Südfeite beinahe blendend weifs geblieben und die Nordfeite im kalt grauen Tone
fehimmert.

5) Die Propyläen in Athen, das Prachtthor zum Tempelbezirke auf der Burg von Athen,
wurde gleichfalls unter Perikles' Verwaltung (437 bis 432 v. Chr.) von Mneßkhs aus weifsem pentelifchein
Marmor erbaut. Verhältniffe und Formbildung find denen des Parthenon verwandt. Das Thor ift, nach
Art der Tempel, mit Giebeln gefchmückt, deffen Säulen gleichfalls nach Innen geneigt find. Das mittlere
Intercolumnium ift bedeutend breiter als die anliegenden; der Fries hat über diefem zwei Triglyphen. Die
Friesconftruction weicht hier, worauf Hoffe}- fchon hinwies, von der gewöhnlichen ab, indem Metopen und
Triglyphen aus einem Stücke gearbeitet find. Die innere Decke ift von jonifchen Säulen getragen —
ein Beifpiel der Verbindung dorifcher und jonifcher Bauwei'fe aus der Blüthezeit. Den Thorbau flankiren
gegen Aufsen zwei fäulengefchmückte, ungleich grofse Vorbauten, von denen der eine als Wachlocal diente,
•der andere mit Bildern gefchmückte als Pinakothek bezeichnet wird. Zwifchen diefen zog fleh die grofse
Freitreppe nach der fünfthorigen Eingangshalle. Dem anfteigenden Terrain entfprechend liegt die äufsere
Giebelfront des Thores niedriger als die innere, dem Tempelbezirk zugehörige. Die Terrainfchwierigkeiten
find vortrefflich überwunden und durch Treppen und Thorwand ausgeglichen; nur dürfen die beiden, aller-
dings nicht mehr exiftirenden, aber wahrfcheinlich unter einander gefchobenen Giebeldächer der äufseren
und inneren Halle gerade als keine fehr glückliche Löfung betrachtet werden. (Vgl. die Taf. bei S. 47.)

Eigenthümlich find die Anten-Kapitelle mit dem ausgefchweiften Hälfe und den breiten Reifchen.
Die Thüröffnungen waren, worauf die Abplattungen hinweifen, mit reichen Marmor- oder Metallrahmen be-
Tdeidet und dürften durch eherne Flügelthüren gefchloffen gewefen fein. Vollftändig fertig ift der Bau nie
geworden, wie die noch nicht abgearbeiteten Trittftufen, fo wie die inneren und äufseren Wände der Wach-
halle darthun; befremden mufs dabei, dafs deffenungeachtet an den oberen Theilen die Malerei fertig
geftellt wurde, von der fich zahlreiche Spuren und erft neuerdings wieder an den in dem jetzt abgetragenen
Wartthurm eingemauert gewefenen Theilen gefunden haben33).

Blitzftrahl, Pulver und Kugeln zerftörten auch diefen viel bewunderten Bau des Aherthumes , von
•dem nur noch Säulenftrünke und Umfaffungswände flehen.

6) In der gleichen Zeit und unter der gleichen Verwaltung, wie die Propyläen und der Parthenon,
entftand auch das Telefterium in Eleufis, von dem übrigens kaum mehr nennenswerthe Refte vor-
handen find. Es war ein von Iktitios entworfener , in weifsem Marmor ausgeführter Bau , deffen Grund-
rifsanlage fchon in Art. 90, S. 130 befprochen wurde.

7) Der Tempel des Apollo Epikurios zu Baffae oder Phigaleia in Arkadien (430 v. Chr.),
zum Dank für die Abwendung der Peft erbaut, war ein Peripteros von 6:15 Säulen auf dreiftufigem Unter-
bau, in hellem, bläulich-grauem Kalkftein ausgeführt, nach den Plänen des berühmten Parthenon-Baumeifters.

Paufanias läfft ihn fammt dem Dache von Marmor fein und erklärt denfelben in Anbetracht der
Schönheit der Steine und ihrer Fügung für den fchönften peloponnefifchen Tempel nach dem von Tegea.
Die Cella hat Vor- und Hinterhaus in antis und ift der Tiefe nach in zwei Gelaffe getheilt, von denen
das vordere an den Langfeiten pfeilerartige Vorfprünge hat, die nach vorn als jonifche Halbfäulen gebildet
find und bis zur Decke reichen. Das zweite kleine Gelafs ift durch zwei Schrägpfeiler und eine Mittel-
fäule vom erften getrennt und hat einen befonderen Eingang von der Langfeite aus. Die Mittelfäule ziert
•ein korinthifches Kapitell (vielleicht die erfte Venvendung deffelben in Attika) , fo dafs an diefem durch
fchöne Verhältniffe und Details ausgezeichneten Tempel alle drei Ordnungen zugleich vorkommen. Die
■Stylobat-Stufen weichen von der einfachen Form ab, indem fie unten drei kleine Abplattungen zeigen;
diefelbe Bildung wiederholt fich eigenthümlicher Weife an der vortretenden unterften Plattenfchicht der
Cella-Mauer. Die Säulen find von 20 Hohlftreifen umgeben und haben etwas mehr als 5 untere Durch-
meffer zur Höhe; fie flehen abfolut lothrecht und haben, wie die des Hafentempels auf Aegina und des
Tempels in Korinth, keine Entafis.

Auf all die kleinen »dem Auge fchmeichelnden« Feinheiten , die in der »Empfindung vernehmlich,
aber für das Auge kaum wahrnehmbar find«, ift hier verzichtet, und doch übt der Tempel den gleichen,
unvergänglichen Zauber aus, als wie das grofse Werk — der Parthenon — des gleichen Baumeifters.

:'3J Die Unterflächen der Tropfen am Geifon waren ringförmig bemalt, die Mutnli blau, das anftofsende Band roth etc.
 
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