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mufften bei ihren Hauptniederlaffungen mit Rückficht auf ihre Befchäftigung und die
Art ihres Erwerbes auf Landftrecken fehen, die beide Materialien in Fülle boten.

Für einen combinirten Holz- und Steinftil fprachen fchon die in der Ein-
leitung zu diefem Abfchnitt (Art. 4, S. 14) erwähnten, hierher zu rechnenden kypri-
fchen Bauten; wir trafen dort hölzerne Freiftützen zwifchen fteinerne Bafen und
Kapitelle eingefpannt.

Durch Strabo wiffen wir, dafs in Babylon wegen Steinmangels die Säulen aus
Palmftämmen hergeftellt wurden, die man mit Rohr und Stuck bekleidet und be-
malt hatte. Die Bibel lehrt uns die Ausführung des Salomonifchen Tempels und
Palaftes kennen, deren beider Grundfeften »aus köftlichen Steinen nach dem Winkel-
eifen gehauen waren, deren Zimmerwerk mit Sägen gefchnitten, auf allen Seiten,
vom Grunde bis zum Dache«.

Der König des im Steinbau thätigen jüdifchen Volkes wendet fich an den
tyrifchen Hiram mit der Bitte: »So befiehl, dafs man mir Cedern aus Libanon
haue .... denn du weifst, dafs bei uns Niemand ift, der Holz zu hauen wiffe, wie
die Sidonier.« Er deckte Tempel und Haus mit Cedernholz, errichtete »cederne«
Scheidewände, vertäfelte innen das ganze Tempelhaus mit »eitel Cedern«, verzierte
es mit gedrehten Knoten und Blumenwerk, »dafs man kein Stein mehr fahe«. Die
Holztheile überzog er wiederum mit lauterem Golde, liefs Schnitzwerke darauf aus-
führen von ausgehöhltem Cherubim, von Palmen und Blumenwerk; die Thüren liefs
er aus Oelbaumholz fchnitzen und überzog fie mit Goldblech. Der Erzgiefser Hiram
aus Tyrus, einer Wittwe Sohn aus dem Stamme Naphthali, gofs ihm die vor der
Tempelhalle aufgeftellt gewefenen Säulen Jachin und Boas mit den reich ge-
fchmückten ehernen Knäufen. Sein eigenes Haus ftellte er auf »cederne« Säulen;
die Halle bei demfelben erbaute er mit Säulen und dicken Balken84).

Was für Kypros und das öftlich davon gelegene afiatifche Küftenland an-
gezogen wurde, darf wohl auch für die nördlich und nordweftlich davon gelegenen
kleinafiatifchen Küftenftriche angenommen werden.

Der urfprüngliche Holzreichthum des Landes wurde wohl mit der Zeit etwas io9-
gemindert durch den Handel mit Stamm- und Scheitholz, durch feine Verwendung ""^s*
im Schiff- und Hochbau und feine Benutzung als Brennmaterial; eine nicht rationelle Holzbaues.
oder mangelhafte Aufforftung lichtete überdies noch die Wälder; Cedern, Cypreffen
und Sykomoren ftanden in immer geringerem Mafse zur Verfügung.

Diefe Umftände, verbunden mit der Vergänglichkeit diefes Baumaterial es,
liefsen mit der Zeit zunächft für Bauwerke, die höheren Zwecken dienen follten,
das noch reichlich vorhandene, widerftandsfähigere Steinmaterial in den Vorder-
grund treten, und die gemifchte Bauart machte auf diefe Weife einer rein lapidaren
Platz. Holzftützen wurden inzwifchen auf Steinfockel gehoben, der Bodenfeuchtig-
keit entrückt und fo vor dem Anfaulen bewahrt, oder mit fchützenden Ueberzügen
verfehen, ehe fie den Steinftützen wichen, auf die dann der Charakter der erfteren
in Form und Verhältnifs übertragen wurde.

Die Neuerung vollzog fich wohl zunächft in »bildhauerifchem Sinne« an den IXO-
aus dem gewachfenen Felfen gemeifselten Grabdenkmalen, welche uns in Lykien, Feifcngrab-
Karien, Phrygien in reichlicher Anzahl noch erhalten find und an denen das von Fasaden.
Säulen getragene Satteldach, der figurengefchmückte Giebel, die an die vorkragenden

4j Buch der Könige (Kap. V, VI u. VIT. Vers 6; 10, 15, 16, 18, 21, 29, 32; 6, 9, 15).
 
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