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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0009
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Sprache.

Abftammung.

Gsfcriichtücheä

von einander und fogar im Widerfpruch mit einander zum gleichen Refultate, indem
der letztere definitiv ausfpricht: »Das Etruskifche ift eine indo-germanifche Sprache,
die fpeciell dem italifchen Zweige der arifchen Sprachenfamilie angehört {Corffen
fagt: Die Etrusker find italifche Indo-Germanen) und zunächft mit dem Lateinifchen,
Umbrifchen, Oskifchen, Volskifchen und den anderen, weniger bekannten italifchen
Sprachen der Apenninen-Halbinfel verwandt ift.«

So ftimmt auch mit dem etruskifchen Alphabet in allen wefentlichen Punkten
das Umbrifche, Oskifche und Sabellifche überein, und die Buchftaben haben un-
verkennbare Aehnlichkeit mit den alten griechifchen; es find deren 20, darunter
aber nur 4 Vocale (a, e, i, u). Den Gebrauch, von der Rechten zur Linken zu
fchreiben und häufig die kurzen Vocale fallen zu laffen, hat die etruskifche Sprache
mit den orientalifchen gemein.

Die uns unter dem Namen »römifche« bekannten Zahlzeichen find in Wirk-
lichkeit etruskifche und wurden urfprünglich nicht von der Linken zur Rechten
gelefen, fondern. umgekehrt. Von den etwa 5000 etruskifchen Infchriften, die bis-
her entdeckt find, gehören mindeftens *j& zur Gattung der Sepulcral-Infchriften -),
die nur die Namen, den Stand, das Alter und die Verwandtfchaft der Todten
enthalten, aber keinen Auffchlufs über die Gefchichte des Volkes oder deffen Ein-
richtungen geben.

Bilingues (etruskifch-lateinifche), deren Texte fich nicht immer decken, find
fehr feiten und überdies dürftig — nur 12 find erhalten.

Die C. 0. Mülleriche Hypothefe: »Die Etrusker feien ein Mifchvolk von
den aus Lydien über die See in Tarquinii eingewanderten und von dort in das
Innere vorgedrungenen pelasgifchen Tyrrhenern und den roheren, von den Alpen
her gekommenen Rafenern (Taasvat — tuskifch Rasner betont)«, übertrifft nach
Deecke%~) an innerer Berechtigung alle anderen und bleibt »wahr und giltig«, wenn
man an die Stelle der Tyrrhener »griechifch-jonifche Coloniften der kleinafiatifchen
Küfte« fetzt, die den Etruskern ihre Cultur und ihre Sagen brachten.

Die etruskifchen Annalen mögen bis etwa 1044 v. Chr. hinaufreichen. Die
Blütheperiode der etruskifchen Macht fällt in die Zeit von 800—400 v. Chr. Die
urfprünglich weit ausgedehnten Befitzungen wurden im Laufe der Zeit durch die
Angriffe der Gallier im Norden und Often, der Sabiner, Samhiter und griechifchen
Coloniften im Süden bedrängt, von diefen zum Theile erobert und auf die Länder-
ftrecke Luna-Oftia eingeengt, »das eigentliche etruskifche Mutterland«.

Hier ift Tarquinii der Ort, von welchem aus die Einheit und die fefte Ver-
bindung der Zwölfftädte gepflegt und gehalten wurde; es ftand dem vereinigten
Städte- und Staatenbund des gefammten Etrurien vor. Auch die damals unbe-
deutende Doppelftadt Roma-Quirium, welche die herrfchenden Tarquinier zum füd-
lichen Stützpunkte und Bollwerke ihrer Macht beftimmten, gehörte dazu. Tarqui-
nifche Edle hielten fich aus diefem Grunde dort auf, und man kann defswegen die
Tarquinier in Rom als Regenten feft halten.

Diefe machten daraus in kurzer Zeit durch grofsartige Bauwerke und Be-
feftigungen eine anfehnliche Stadt. Die kriegerifchen Unternehmungen derfelben find
gegen die Sabiner gerichtet; ihre bürgerlichen Anordnungen bewegen fich in den
ftrengen Grundfätzen der etruskifchen Ariftokratie. Sinn und Liebe für griechifche

2J Müller, C. O. Die Etrusker. Breslau 1828. — Neu bearbeitet von W. Deecke. Stuttgart 1877.
3i Siehe ebendaf. Beilage II, S. 435.
 
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