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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0117
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HO

der Alpen nicht zu verdrängen vermocht. Nur die Ziegeldachung und die Ziegel-
fabrikation haben das fteile Dach vereinfacht, aber nicht verbeffert! Unfer Bieber-
fchwanzdach mit Schindelunterlage ift eine rohe Leiftung gegenüber dem antiken
Platten- und Hohlziegeldach und lange nicht fo dicht fchliefsend, als diefes.

Dickere mit Hohlziegeln verkleidete Wände mufften Schutz gewähren gegen
Kälte und Näffe; Hypocauften unter den Fufsböden verbreiteten im Winter eine
angenehme Temperatur im Inneren der bevorzugten Wohnräume. (Vergl. Kaifer-
palaft in Trier, Niederlaffungen bei Mefskirch, Pforzheim und Sinsheim etc.)

Ueberall fehen wir das Volk feiner Miffion getreu auftreten und handeln, in
der Politik wie in der Kunft und Technik — Alles grofs erfaffend und praktifch,
folid durchführend!

B. Die Conftruetionen.

Wahl

der

Bauftoffe.

82.

Natürliche

Steine.

3. Kapitel.
Bauftoffe.

»Welche Arten von Baumaterial anzuwenden find, liegt nicht in der
Hand des Baumeifters, weil nicht allerorts alle Arten von Baumaterialien
entftehen.«

Vitruv, Lib. VI, 8.

In den früheften Zeiten hat man ficherlich bei allen Niederlaffungen haupt-
fächlich und zuerft diejenigen Materialien zu Bauzwecken verwendet», welche in
nächfter Nähe zu haben waren, wohl auch folche Plätze zu Anfiedelungen aus-
gewählt, an denen neben fruchtbarem Boden auch brauchbare Bauftoffe leicht zu
gewinnen waren. Handelsverkehr und Kriege mit in der Cultur vorgefchrittenern
Völkern machten mit den Einrichtungen und den Landeserzeugniffen derfelben be-
kannt. Waren fie beffer, als die einheimifchen, fo lag deren Annahme und Einfuhr
nahe. Zunehmender Reichthum und Luxus mufften dann die in Bezug auf Güte
und Koftbarkeit am meiften gefchätzten zur Verwendung kommen laffen. Es ift
dabei aber felbftredend, dafs die erften Materialien auch noch in fpäter Zeit und
auch wenn fie fchlechter waren, als die aus der Ferne geholten, zum Bauen bei-
behalten wurden, und dafs die fchlechteren neben den befferen herliefen, wie dies
heute noch der Fall ift. Das Bauen hängt vom Gelde ab, und nicht jeder, der baut,
ift in der Lage, es auf das allerbefte machen laffen zu können. Verfuche von Alters-
beftimmungen von Gebäuden auf Grund der früheren oder fpäteren Verwendung
eines Baumaterials an einem Orte können nach dem Gefagten kaum zuverläffige
Refultate liefern.

Auch im eroberten Lande machte man fich zunächft das einheimifche Material
dienftbar, ehe man zum Import fchritt.

Bei den natürlichen Steinen unterfcheidet Vitruv weiche, folche von mittlerer
Härte und harte. Die meiften wurden in Tagbrüchen gewonnen, »viele auch unter
der Erde«. (Vergl. Plinius, Naturgefch., Lib. XXXVI.)

Alle weicheren Arten braahen in grofsen Blöcken, waren leicht zu bearbeiten,
hielten am gefchützten Orte jede Belaftung aus, während fie im Freien verwitterten
und auch vom Seewaffer angegriffen wurden. Sie follten nach Vitruv (Lib. II, 6)
 
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