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Durm, Josef
Handbuch der Architektur (Theil 2, Die Baustile ; Bd. 2): Die Baukunst der Etrusker, die Baukunst der Römer — Darmstadt, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2021#0280
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272

Mohn, Lilien und Rofen als Gefchlinge; Knofpen
und entfaltete Blumen, Winden, Kürbisblüthen
und Blätter, Wafferlaube, Kornähren, Feigen,
Obftforten, Früchte aller Art an den Feftons
der Friefe und den Archivolten von Triumph-
pforten; Vögel, kleine Vierfüfsler und Infecten
beleben oft bei Füllungen und Friefen die Blatt-
und Rankenwerke, welche aus einem Akanthus-
blatte, aus Menfchen- oder Thiergeftalten ent-
fproffen. Die Verbindung von ftreng ftilifirten
und naturaliftifch gebildeten Ornamenten ift es,
was gewiffe decorative Leiftungen der römifchen
Kunft fo wirkungsvoll und fo anmuthig er-
fcheinen läfft.

Am freieften und fchönften entwickelt fich
der Akanthus und das ganze Gefolge der hei-
mifchen Pflanzen und Blumen an den Pracht-
Candelabern, Urnen, Vafen, Füllungen und den
Werken der Kleinkunft, von denen das Lateran-
Mufeum das reichfte Material an rein architek-
tonifchen Gebilden, das vaticanifche und nea-
politanifche an folchen der Kleinkunft aufzu-
weifen hat — unerfchöpfliche Fundgruben für
den ftudirenden Architekten. Mit den fchönften
Triumph feiert die römifche Ornamentik im
Akanthus- und Rankenwerk, das die Vorderwand
der vaticanifchen Biga ziert, der Naturalismus
in einem von Rofengefchlingen umgebenen, in
Relief ausgeführten Candelaber des Lateran-
Mufeums (Fig. 250 u. 251).

Ein Guttheil der römifchen Ornamentik fteht
im Bann.e der griechifchen Kunft; Manches derfelben mag nach verfchollenen Vor-
bildern aus der Diadochen-Zeit gebildet fein; aber Vieles und wahrhaft Schönes,
das auf Selbftändigkeit Anfpruch machen kann, hat ficher auch der römifche Genius
gefchaffen.

MTprarv.
 
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