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Dvořák, Max
Geschichte der italienischen Kunst im Zeitalter der Renaissance: Akademische Vorlesungen (Band 1): Das 14. u. 15. Jahrhundert — Muenchen, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.42342#0308
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REFORM

Mächte, die über der materiellen Erscheinung stehen. Diese Mächte
sind ihm aber nicht mehr metaphysische Gegebenheiten, wie dem
Mittelalter, sondern im natürlichen psychischen Leben begründet.
So wächst Leonardo aus der Periode des gotischen und renaissance-
mäßigen Naturalismus heraus, bedeutet seinen Höhepunkt und zu-
gleich die Brücke zu einer neuen Phase seiner Entwicklung. Doch
wirken die geschichtlichen Mächte nicht so, wie es der naive Pragma-
tismus des XIX. Jahrhunderts dachte, in ununterbrochener Kette
einer einzigen Ursachen- und Wirkungsreihe, nicht als Abfolge von
Beeinflussungen, Entlehnungen, Zusammenhängen, sondern vielfach
in jähen Wandlungen. In derselben Zeit, als die naturalistische Kunst
diesen Höhepunkt erreichte, übernahm in Italien plötzlich der for-
male Idealismus die Führung, und Leonardo war der Vertreter einer
Kunst von gestern. Er zieht daraus die Konsequenz und wandert aus
in jenes Land, wo die Heimat des Naturalismus — wie er ihn auf-
gefaßt hat — war und zu jenem König, der auf dem Thron der letzte
Vertreter jener geistigen Kultur war, die die Wiege von Leonardos
Kunst gewesen ist.
 
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