Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Major, Emil [Hrsg.]; Öffentliche Kunstsammlung Basel [Hrsg.]; Heitz, Paul [Hrsg.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 11): Holzschnitte des fünfzehnten Jahrhunderts in der öffentlichen Kunstsammlung zu Basel — Straßburg, 1908

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21231#0021
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
über welchem eine aus Wolken kommende Hand ein
Herz hält. Ihre linke Hand faßt ein durch vier Schließen
zusammengehaltenes Buch und ein dahinter befindliches,
links und rechts von einem Lilienzweig begleitetes Kruzi-
fix. Ueber ihrem vom Nimbus umzogenen Kopfe schwebt
die Taube des hl. Geistes und darüber erscheint im Strahlen-
glanze die Halbfigur Christi mit Kreuzscheibennimbus, der
eine Krone über das Haupt der Heiligen hält. Links und
rechts schwebt je ein Engel in farbigem, an den Aermeln
mit Goldborten besetztem Gewände, den Kopf mit Nim-
bus und Stirnschmuck geziert, und trägt ihr ebenfalls eine
Krone zu. Die ganze Darstellung wird von einer Einfas-
sung von Akanthusblättern umrahmt.

Einfachheit und statuarische Ruhe, verbunden mit
feiner Zeichnung und guter Proportion, vereinigen sich
auf diesem Blatte zu einem harmonischen Ganzen; ja, es
liegt etwas überwältigend Monumentales in der Art, wie
die Heilige ihre Attribute hält, wie sie in strenger Vor-
deransicht dem Blicke sich bietet, mit majestätisch fallen-
dem Schleier, mit vornehmem, gerade laufendem Falten-
wurf der Gewänder. Alle diese Eigenschaften lassen, vom
Kolorit ganz abgesehen, den transalpinen Ursprung des J
Bildes erkennen.

St. Katharina von Siena, Dominikanerin, f 1380,
wurde im Jahre 1461 kanonisiert. Bald nach dieser Zeit
muß der Holzschnitt in Italien seine Entstehung gefunden
haben.

12. Himmelfahrt der hl. Maria Magdalena.

H. 140 mm. B. 82 mm.

Farben: olivgrün, spangrün, rotbraun, gelb, zinnober,
lackrot, karmoisin, dunkelblau, blaugrün, gold (jetzt oxy-
diert).

Abgelöst aus einem Bande der Univ. Bibl. Bas., Liber i
Carthus. in Basilea, proveniens a confratre nostro Oth-
maro de S. Gallo, Straßburg, Grüninger 1493.

Magdalena, ganz behaart, wird von vier Engeln, von
denen man nur die Oberkörper sieht, gen Himmel ge-
tragen. Ihr Kopf, der ungewöhnlich groß ist, wird von
einem ehemals goldenen, jetzt oxydierten Scheibennimbus
umgeben. Unten sieht man auf einem mit Bäumen be-
wachsenen Berge eine finstere Höhle, den bisherigen Auf-
enthalts- und Bußort der Heiligen. Rechts kommt ein
Häslein aus einer Höhlenöffnung heraus, während links
ein zur Hälfte sichtbarer Fuchs oder Löwe in einen an-
deren Gang hineingeht. — Oberhalb der Höhle ist vom
früheren Besitzer des Blattes mit Tinte geschrieben:
£ othmar.

Die vier Engel sind geschickt in den Raum einkom-
poniert ; auch merkt man dem Meister bereits das Be-
streben an, die Köpfe individuell zu gestalten.

Oberrheinische Arbeit aus der Zeit von 1460—1475.

13. St. Christopherus. H. 187 mm. B. 131 mm.

Farben: lackrot, karmoisin (hell und dunkel), zin-
nober (großenteils abgefallen, an der Fackel), gelb, dun-
kelgrün, braungelb, schwarzgrau, bräunlichgrau.

Das Blatt hat mehrere kleine, seinerzeit beim Ablösen
entstandene Löcher. Aus Doubl. 4529 der Univ. Bibl. Bas.,
Antonii liber de instructione confessorum, Colon. Ulr.
Zell.

Christopherus steht mit bloßen Füßen im Fluß, mit
den Händen auf einen entwurzelten Palmbaum sich stüt-
zend, und hat das felsige Ufer beinahe erreicht. Um sein
struppiges Haar ist die flatternde Stirnbinde geknüpft.
Seine Kleidung besteht aus einem Schoßwams mit Aer-
melaufschlägen und Unterborte; am Gürtel hängt ihm die
Geldtasche. Darüber trägt er den vom Winde bewegten
Mantel. Das auf seinen Schultern sitzende Jesuskind hat
einen inwendig gekerbten Kreuzscheibennimbus; auch mit
seinem Mäntelchen treibt der Wind sein mutwilliges
Spiel. Am Ufer kniet der Eremit und leuchtet mit der
Fackel. Hinter ihm erblickt man eine Zisterne und weiter
im Hintergrunde die von Bäumen umgebene Kapelle
mit ihrem Glockentürmchen.

Entstanden um 1470 am Oberrhein.

14. St. Bernhard und der Gekreuzigte. H.

190 mm. B. 137 mm.

Farben: lackrot, spangrün, hellbraun, blaßrosa, gelb,
gelbgrün, blaßkarmin, schwarz.

Abgelöst vom Hinterdeckel eines Psalters von 1477
aus der Univ. Bibl. Bas. (vgl. Nr. 6).

Das Wunder spielt sich in der Zelle des Heiligen
ab. Diese hat bloßen Boden und eine Decke aus Holz-
brettern. Ihre Mauern sind aus Steinquadern aufgeführt
und ringsum läuft eine der Mauer vorgelegte Stein-
bank. Ein schmales Fenster zeigt Rautenverglasung,
ein größeres, gekuppeltes, gestattet einen Ausblick in
die Landschaft, wo am Berghang ein Baum erscheint.
In der Mitte der Zelle steckt in einem steinernen, gotisch
profilierten Sockel ein Holzkreuz in der Form der crux
commissa, an dem das Bild des Heilandes mit großen
Eisennägeln befestigt ist. Am Fuß des Sockels lehnt
der (hier falsch kolorierte) Wappenschild des Cister-
cienserordens, dem der hl. Bernhard von Clairvaux an-
gehörte; oben am Kreuz ist der Zettel mit i • n t • i
in ein gespaltenes, aufrecht angenageltes Stück Holz ge-
steckt. Der Heilige in (ebenfalls falsch kolorierter)
Ordenstracht, mit großer Tonsur und Scheibennimbus,
kniet am Boden und fängt den nach seinem inbrünstigen
Gebete der Legende nach lebendig gewordenen Gekreu-
zigten in seinen Armen auf. Christus hat einen kräftigen
Wangenbart, dagegen keinen Lippenbart; um sein volles
Haupthaar legt sich die grüne Dornenkrone und ein roter
Kreuzscheibennimbus.
 
Annotationen