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Heitz, Paul [Hrsg.]
Einblattdrucke des fünfzehnten Jahrhunderts (Band 2): Einzel-Holzschnitte des fünfzehnten Jahrhunderts in der Kgl. Hof- und Staatsbibliothek München / — Straßburg: J.H.Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.61935#0018
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das Haupt geneigt, in langem Untergewand und Kapu-
zenmantel, welch letzteren sie am Gürtel zusammenhält.
Rechts steht Johannes, in langem Gewand und darüber-
geworfenem Mantel, den rechten nackten Fuß vorsetzend.
Er blickt zu Christus empor und legt die Hände vor der
Brust zusammen. Beide Heilige tragen einfachen Nimbus
(nicht doppelten, wie Schreiber sagt). Ueber dem Kreuz
ist ein Spruchband angebracht mit den gotischen Buch-
staben : i n r i, von denen die beiden mittleren sehr
undeutlich geschnitten sind. Doppelte Randlinien. Eine
Hand des 15. Jahrhunderts hat auf den Holzschnitt über
dem Kreuz geschrieben: O dilecte homo, propter te in-
nocens suspensus sum, weiter unten über den Heiligen:
Nudus egressus sum de utero matris mee. 194: 132.
Schreiber 2893 (403 a).
Teufel 3659.
Bemalung: grün, gelb, karmoisin, braun.
Schwarzer Druck.
Man findet diesen Holzschnitt eingeklebt auf der In-
nenseite des Rückdeckels des Cod. germ. 673, welcher
aus dem Kloster Ebersberg stammt und nach einer Notiz
auf Bl. 1 sich jedenfalls schon dort befand, als die Je-
suiten 1595 die Gebäude und die Bibliothek des früheren
Benediktinerklosters übernahmen. Die Handschrift enthält
den sogenannten Vocabularius Ex quo und ist um 1467
oder 1468 geschrieben, wie man aus zwei Einträgen auf
Bl. 271v und 273 v schließen kann. Die Hand, welche
das Ganze geschrieben hat, ist die gleiche, welche auch
die oben angeführten Sprüche auf den Holzschnitt nieder-
geschrieben hat, so daß man annehmen darf, daß letzterer
1468 vorhanden gewesen ist, zumal auch der mit ihm ge-
schmückte Einband aus jener Zeit stammt. Vgl. unten
bei Nr. 9. Das Kreuzigungsbild dürfte bayerischer Herkunft
sein. Die Schnittführung zeigt große Aehnlichkeit mit jener
des Blattes Schreiber 1683, den hl. Sebastian darstellend.
Und noch mehr: die Hand, welche auf das letztere im
Kupferstichkabinett Berlin befindliche Exemplar (vgl. die
Reproduktion bei Lehrs, Holzschnitte der ersten Hälfte
des 15. Jahrhunderts im Kgl. Kupferstichkabinett zu Berlin,
Tafel XIX) oben geschrieben hat: 0 sancte Sebastiane,
intercede pro nostra omniumque salute ist zweifellos
abermals die gleiche, wie jene, welche die Sprüche
auf unser Kreuzigungsbild und den Text des Cod. germ.
673 geschrieben hat. (Wer die Teufelsche Photographie
3659 besitzt, wird dies erkennen, wenn er sie neben die
Berliner Reproduktion des hl. Sebastian legt.) Bezüglich
des Berliner Blattes des hl. Sebastian darf ich also die
wohlbegründete Vermutung aussprechen, daß es sich auch
einst in Ebersberg befunden hat. War doch der hl. Se-
bastian der Schutzpatron von Ebersberg, welches seine
Hirnschale besaß. Und weiter möchte ich annehmen, daß
der Herstellungsort der (auch nach den Größenverhält-

nissen und der Doppelrandung) verwandten Holzschnitte
unserer Kreuzigung, des hl. Sebastian und des an letzteren
erinnernden hl. Florian, auf dessen Beziehungen zum Blatte
des hl. Sebastian Schreiber bei den Beschreibungen Nr. 1422
und 1683 hinwies, nicht allzuweit von Ebersberggesucht
werden muß. Schreibers Datierung um 1460 erschien
Lehrs ein wenig zu spät, so daß er den hl. Sebastian
unter die Sammlung der aus der ersten Hälfte des 15.
Jahrhunderts stammenden Holzschnitte aufnahm.
7. Christus am Kreuz mit Maria und Jo-
hannes. Der Heiland, mit dem Lendentuch bekleidet,
hängt am Kreuz, auf Maria herabblickend, auf dem Haupte
die Dornenkrone und einen Nimbus, welcher mit einem
geschweiften, doppelrandigen Kreuze belegt ist (wie unten
bei Nr. 11). Links steht, ein wenig nach rechts gewendet,
Maria, über dem Untergewand Mantel mit Kapuze tragend,
die Hände vor der Brust gefaltet. Ihr rechter beschuhter
Fuß ist unter dem Gewände sichtbar. Rechts steht Jo-
hannes, nach links sehend, mit den nackten Füßen fast
schreitend dargestellt, in kuttenähnlichem Gewand, ein
aufgeschlagenes Buch, dessen beide Innenseiten sichtbar
sind, vor sich hinhaltend. Beide Heilige tragen einfachen
Heiligenschein. Vor dem Kreuz liegen drei Steine und
ein Knochen. Am Boden sind ferner drei Grasbüschel
angebracht. Einfacher Rand; links weggerissen und oben
etwas beschnitten. Einzelne Teile haben durch Wurmstich
gelitten. (Der Schnörkel links oben am Kreuz, die Schnör-
kel auf den Steinen und die Striche auf den Schenkeln
sind von der Reproduktion wegzudenken, da sie mit Tinte
ausgeführt sind.) 127 : 88.
Schreiber 2895 (435 a).
Bemalung: grün, gelb, braunrot, graubraun, violett.
Schwarzer Druck.
Der Holzschnitt ist eingeklebt auf der Innenseite des
Rückdeckels eines kleinen Oktavbandes, Inc. c. a. 31,
welcher den sehr seltenen Druck der Passion, deutsch, ge-
druckt von Anton Sorg zu Augsburg 1486 = Hain 12 445
enthält. Die Herkunft des Bandes selbst ist unbekannt.
Auf der Innenseite des Vorderdeckels ist das unten unter
Nr. 11 wiedergegebene Blatt der Kreuzigung Christi ein-
geklebt, welches von dem gleichen Holzschneider herrührt
(vgl. die Beschreibung unten). Beide haben wohl zu einer
Passionsserie gehört. Schreiber hat unter Nr. 2888 (435 a)
noch einen in dem Bande befindlichen Holzschnitt ver-
zeichnet. Dieser ist aber kein Einzelblatt, sondern Buch-
illustration der Inkunabel, welche die gleichen Holz-
schnitte wie Sorgs 4°-Ausgabe der Passion enthält.
Mit diesem Holzschnitte bezw. den anderen die Passion
außerdem illustrierenden Holzschnitten stehen also die
auf die Innenseite der Einbanddeckel geklebten Einzel-
blätter in keinem direkten Zusammenhang. Immerhin
dürften sie Augsburger Ursprungs von ungefähr 1480 sein.

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