MEMPHIS. DIE PYRAMIDEN.
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Hinter den Palmenwäldern grünen wohlbeftellte Aeckcr. Von dem gröfsten Schutthügel
in der Ebene aus läfst lieh die ganze, weithin geftreckte Landfchaft überfchauen, auf der cinft
die berühmte Pyramidenftadt geftanden.
Da erheben fich die Häufer des Araberdorfes Mitrahme, in feinem Südweften ficht die
Villa eines reichen Armeniers, während in feinem Südoften die bedeutendften Trümmer der Stadt,
mehr nördlich Tempelrefte, mehr füdlich der geftürzte Kolols Ramfes II. zu fehen lind. In der
Hütte in feiner Nähe werden von H. Mariette die in dem Boden von Memphis gefundenen
Denkmälerftücke auf bewahrt.
Schaut man gen Morgen, fo fleht man nichts als Palmenwälder und Ackerland, während
das nach Wellen blickende Auge, wenn es über das Fruchtland hinwegfieht und die ganze
Ausdehnung des Horizontes zu erfaffen verfucht, von einem Panorama der merkwürdigffen Art
gefeffelt wird. Wohl ift das gelbliche Kalkgebirge, welches mit leinen nackten, vcgctationslofen
Felfenhängen meilenweit den Werten wie eine Mauer abichliefst, weder mannigfaltig gegliedert,
noch imponirend hoch, noch anmuthig geformt; aber ftatt von malerifchen Kuppen und weithin
leuchtenden Gletfchern wird es, fo weit das Auge reicht, von Pyramiden überragt. Gruppcnweiie
erheben fich diefe Bergfpitzen von Menfchcnhand in verlchiedencn Gröfsen und Formen. Es ift
als wären fie zufammengewachien mit den Fellen, auf denen fie ftehen, und nicht weniger
dauerhaft als diefe.
Stand auf dem Hügel, von deffen Spitze aus wir den Wellen überblicken, die Stadtburg
von Memphis und der Palaft der Könige, lo ift die Wahl des Platzes eine glückliche gewefen.
Schon Lepfius wies darauf hin, dafs diefs vielleicht die einzige Stelle weit und breit gewefen ift,
von der aus ganz Memphis überfehen werden konnte, und es jedem königlichen Bauherrn möglich
war, das Heranwachfen leiner Pyramide zu beobachten. Auch die nördliehfte Gruppe (von
Abu-Roäich) hat man vielleicht vor ihrer Zerftörung fehen können. Jetzt zeigen fich am mitter-
nächtlichen Horizonte die nach dem Dorfe Gize genannten gröfsten der Pyramiden, dann weiter
nach Süden die Gruppen von Zäwijet el 'Arjän und Abufir. Weftlich von uns in geringer
Entfernung erhebt fich der ftolze Stufenbau der Pyramide von Sakkära mit feinen fchwer
befchädigten Schwertern, und weiter nach Süden hin die Gruppe von Dafchür, zu der die unge-
wöhnlich geformte fogenannte Knickpyramide gehört. Die allerfüdlichften, von unferem Hügel
aus nicht zu fehenden Pyramiden gehören nicht mehr eigentlich zu der Todtenftadt von Memphis,
aber auch ohne fie finden lieh hier mehr als achtzig von
diefen merkwürdigen Mauloleen. Und wie viele Grüfte mit
mehr oder minder reich gegliederten Facadcn öffnen fich in
den Abhängen des Kalkgebirges und werden vom Sande
bedeckt! Die ungeheure Ausdehnung diefes gröfsten aller
Friedhöfe, der, wenn wir die Pyramide von Medüm mit
zu ihm rechnen wollen, einen 73 Kilometer langen Land-
ftrich bedeckt haben würde, liefert einerieits einen Mafsftab
für die Gröfsc, andererfeits für den langen Beftand des alten gräberfacade.
Memphis.
Mencs, der erfte König von Aegypten, foll diefe Stadt gegründet haben. Ihr Name
(äg. Men—nefer) bedeutet «Gutort». Um einen geeigneten Platz für die vorzunehmenden Bauten
zu gewinnen, mufste der Pharao, fo erzählten die Priefter dem Herodot, den Flufs in ein neues,
das Fruchtland Zwilchen dem libyfchen und arabifehen Gebirge in zwei gleiche Hälften theilendes
Ebers, Aegypten. I. 35
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Hinter den Palmenwäldern grünen wohlbeftellte Aeckcr. Von dem gröfsten Schutthügel
in der Ebene aus läfst lieh die ganze, weithin geftreckte Landfchaft überfchauen, auf der cinft
die berühmte Pyramidenftadt geftanden.
Da erheben fich die Häufer des Araberdorfes Mitrahme, in feinem Südweften ficht die
Villa eines reichen Armeniers, während in feinem Südoften die bedeutendften Trümmer der Stadt,
mehr nördlich Tempelrefte, mehr füdlich der geftürzte Kolols Ramfes II. zu fehen lind. In der
Hütte in feiner Nähe werden von H. Mariette die in dem Boden von Memphis gefundenen
Denkmälerftücke auf bewahrt.
Schaut man gen Morgen, fo fleht man nichts als Palmenwälder und Ackerland, während
das nach Wellen blickende Auge, wenn es über das Fruchtland hinwegfieht und die ganze
Ausdehnung des Horizontes zu erfaffen verfucht, von einem Panorama der merkwürdigffen Art
gefeffelt wird. Wohl ift das gelbliche Kalkgebirge, welches mit leinen nackten, vcgctationslofen
Felfenhängen meilenweit den Werten wie eine Mauer abichliefst, weder mannigfaltig gegliedert,
noch imponirend hoch, noch anmuthig geformt; aber ftatt von malerifchen Kuppen und weithin
leuchtenden Gletfchern wird es, fo weit das Auge reicht, von Pyramiden überragt. Gruppcnweiie
erheben fich diefe Bergfpitzen von Menfchcnhand in verlchiedencn Gröfsen und Formen. Es ift
als wären fie zufammengewachien mit den Fellen, auf denen fie ftehen, und nicht weniger
dauerhaft als diefe.
Stand auf dem Hügel, von deffen Spitze aus wir den Wellen überblicken, die Stadtburg
von Memphis und der Palaft der Könige, lo ift die Wahl des Platzes eine glückliche gewefen.
Schon Lepfius wies darauf hin, dafs diefs vielleicht die einzige Stelle weit und breit gewefen ift,
von der aus ganz Memphis überfehen werden konnte, und es jedem königlichen Bauherrn möglich
war, das Heranwachfen leiner Pyramide zu beobachten. Auch die nördliehfte Gruppe (von
Abu-Roäich) hat man vielleicht vor ihrer Zerftörung fehen können. Jetzt zeigen fich am mitter-
nächtlichen Horizonte die nach dem Dorfe Gize genannten gröfsten der Pyramiden, dann weiter
nach Süden die Gruppen von Zäwijet el 'Arjän und Abufir. Weftlich von uns in geringer
Entfernung erhebt fich der ftolze Stufenbau der Pyramide von Sakkära mit feinen fchwer
befchädigten Schwertern, und weiter nach Süden hin die Gruppe von Dafchür, zu der die unge-
wöhnlich geformte fogenannte Knickpyramide gehört. Die allerfüdlichften, von unferem Hügel
aus nicht zu fehenden Pyramiden gehören nicht mehr eigentlich zu der Todtenftadt von Memphis,
aber auch ohne fie finden lieh hier mehr als achtzig von
diefen merkwürdigen Mauloleen. Und wie viele Grüfte mit
mehr oder minder reich gegliederten Facadcn öffnen fich in
den Abhängen des Kalkgebirges und werden vom Sande
bedeckt! Die ungeheure Ausdehnung diefes gröfsten aller
Friedhöfe, der, wenn wir die Pyramide von Medüm mit
zu ihm rechnen wollen, einen 73 Kilometer langen Land-
ftrich bedeckt haben würde, liefert einerieits einen Mafsftab
für die Gröfsc, andererfeits für den langen Beftand des alten gräberfacade.
Memphis.
Mencs, der erfte König von Aegypten, foll diefe Stadt gegründet haben. Ihr Name
(äg. Men—nefer) bedeutet «Gutort». Um einen geeigneten Platz für die vorzunehmenden Bauten
zu gewinnen, mufste der Pharao, fo erzählten die Priefter dem Herodot, den Flufs in ein neues,
das Fruchtland Zwilchen dem libyfchen und arabifehen Gebirge in zwei gleiche Hälften theilendes
Ebers, Aegypten. I. 35