MEMPHIS. DIE PYRAMIDEN.
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weifs fchon zu berichten, dafs fie den Steinbrüchen am jenfeitigen Nilufer entnommen, auf Schiffen
über den Flufs gebracht und dann auf einem Dammwege, an dem man zehn Jahre gearbeitet habe,
zu dem Bauplätze gebracht worden wären. Gewaltige Spuren diefer Kunftftrafse find heute noch
vorhanden, und wären die Pyramiden felbft verlchwunden, fo würden die Steinbrüche im Mokattam-
gebirge bei Turra und Mäiara iüdlich von Kairo lehren, dafs hier vor Zeiten das bauluftigfte aller
Völker gelebt habe. Tief in den Leib der Berge von feinkörnigem alttertiärem Nummulitenkalk
drangen die Architekten der Pharaonen ein, um das tadellofe Geftein zu finden, deffen fie bedurften,
und es verficht fich von felbft, dals die Gänge, Säle und Hallen, die fie aushöhlten, der Gröfse
der Pyramiden entfprechen; ift doch das gefammte, bei ihrer Errichtung verwandte Material, mit
Ausnahme der granitenen Deckplatten, in diefen Steinbrüchen gebrochen worden. Turra hiefs
auf ägyptifch Toroue. Das klang den Griechen wie Troja, und fie nannten es alfo, und weil
fie afiatifche Kriegsgefangene hier bei der Arbeit fanden, fo fabelten fie ungeläumt, diefs wären
STEINBRÜCHE VON TURRA.
die Nachkommen der Leute aus Ilion, welche Menelaos, als er auf feinem Heimwege Aegypten
mit der wiedergewonnenen Helena befuchte, am Nil zurückgelaffen habe.
Heute noch werden in der Gegend der alten Latomieen viele Steine für die Bauten in Kairo
gebrochen, und wenn auch gegenwärtig die Blöcke und Platten nicht mehr von vielen Menfehen,
die man vor die auf Rollen ruhenden Steinfchlitten fpannte, fondern von Pferden und Lokomotiven
auf eifernen Schienen ihrem Ziel entgegen geführt werden, fo erinnert doch gerade hier noch
Manches an die alten Zeiten; vielleicht auch die Geftalt der Waagen, auf denen die Werkftücke
abgewogen werden.
Unter den in die Pyramiden verbauten Kalkblöckcn vom Mokattam finden fich viele mit
unzähligen Nummulitcn erfüllte.
Beim Bau der Cheopspyramide follen immer hunderttaufend Menfehen, welche alle drei
Monate abgelöst wurden, zwanzig, vielleicht auch dreifsig Jahre lang thätig gewefen fein, und
der Dragoman des Herodot las ihm eine Infchrift vor, welche befagte, dafs allein für die Zukoft
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weifs fchon zu berichten, dafs fie den Steinbrüchen am jenfeitigen Nilufer entnommen, auf Schiffen
über den Flufs gebracht und dann auf einem Dammwege, an dem man zehn Jahre gearbeitet habe,
zu dem Bauplätze gebracht worden wären. Gewaltige Spuren diefer Kunftftrafse find heute noch
vorhanden, und wären die Pyramiden felbft verlchwunden, fo würden die Steinbrüche im Mokattam-
gebirge bei Turra und Mäiara iüdlich von Kairo lehren, dafs hier vor Zeiten das bauluftigfte aller
Völker gelebt habe. Tief in den Leib der Berge von feinkörnigem alttertiärem Nummulitenkalk
drangen die Architekten der Pharaonen ein, um das tadellofe Geftein zu finden, deffen fie bedurften,
und es verficht fich von felbft, dals die Gänge, Säle und Hallen, die fie aushöhlten, der Gröfse
der Pyramiden entfprechen; ift doch das gefammte, bei ihrer Errichtung verwandte Material, mit
Ausnahme der granitenen Deckplatten, in diefen Steinbrüchen gebrochen worden. Turra hiefs
auf ägyptifch Toroue. Das klang den Griechen wie Troja, und fie nannten es alfo, und weil
fie afiatifche Kriegsgefangene hier bei der Arbeit fanden, fo fabelten fie ungeläumt, diefs wären
STEINBRÜCHE VON TURRA.
die Nachkommen der Leute aus Ilion, welche Menelaos, als er auf feinem Heimwege Aegypten
mit der wiedergewonnenen Helena befuchte, am Nil zurückgelaffen habe.
Heute noch werden in der Gegend der alten Latomieen viele Steine für die Bauten in Kairo
gebrochen, und wenn auch gegenwärtig die Blöcke und Platten nicht mehr von vielen Menfehen,
die man vor die auf Rollen ruhenden Steinfchlitten fpannte, fondern von Pferden und Lokomotiven
auf eifernen Schienen ihrem Ziel entgegen geführt werden, fo erinnert doch gerade hier noch
Manches an die alten Zeiten; vielleicht auch die Geftalt der Waagen, auf denen die Werkftücke
abgewogen werden.
Unter den in die Pyramiden verbauten Kalkblöckcn vom Mokattam finden fich viele mit
unzähligen Nummulitcn erfüllte.
Beim Bau der Cheopspyramide follen immer hunderttaufend Menfehen, welche alle drei
Monate abgelöst wurden, zwanzig, vielleicht auch dreifsig Jahre lang thätig gewefen fein, und
der Dragoman des Herodot las ihm eine Infchrift vor, welche befagte, dafs allein für die Zukoft