Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Ebers, Georg
Ägypten in Bild und Wort: dargestellt von unseren ersten Künstlern (Band 1) — Stuttgart, Leipzig, 1879

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4991#0213
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KAIRO.

DIE ENTSTEHUNG DER STADT.

einem der Märchen der «Taufend und eine Nacht»
preist ein Mann von Moful Bagdad als «Stadt des
Friedens» und «die Mutter der Welt»; der Aeltefte
unter den Anwefenden entgegnet ihm aber: «Wer die
Stadt Kairo nicht gefehcn, hat die Welt nicht gefehen.
Ihre Erde ift Gold, ihre Weiber lind ein Zauber und der Nil ift ein
Wunder.» In der folgenden Nacht läfst dann Scheherzäd die Reize der
Pyramidenftadt mit folgenden begeifterten Worten preifen: «Was ift
gegen den Anblick diefer Stätte die Wonne, feiner Geliebten entgegen
zu fchauen! Wer fie gefehen, der gefleht, dafs es für das Auge keinen
höheren Genufs gibt; und denkt Jemand an die Nacht, in der der Nil
die gewünfehte Höhe erreicht, fo gibt er den Pokal voll Rebenfaft Dem
zurück, der ihn überreicht, und läfst das Waffer wieder zu feiner Quelle
fliefsen (d. h. er mag nichts Anderes mehr). Und fiehft Du die Infel
Roda mit ihren fchattigen Bäumen, fo wirft Du in ein freudiges Entzücken
verfetzt, und ftehft Du bei Kairo am Nil, wenn er bei Sonnenuntergang
mit dem Gewände der Sonne fich umhüllt, fo wirft Du von einem
fanften Zephyr, der die fchattigen Ufer umweht, ganz neu belebt.»

Das find hoch klingende Worte, die die glühende Einbildungskraft des Dichters mit ebenfo
feurigen Farben bekleidet, wie die Sonne bei ihrem Scheiden den ägyptifchen Himmel. Und doch!
Wer auch immer auf der Höhe der Citadelle von Kairo geftanden, feinen Minaretenwald und den
Nil und die Pyramiden am weltlichen Horizont überfchaut, feine Strafsen und Gaffen, feine Bazare
und Mofcheen, feine Plätze und Gärten befucht und fich in das bunte, wechfelvolle, überreich

Huers, Aegypten. I. 50
 
Annotationen