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KAIRO.

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Aegyptens Jahrhunderte lang fo reiche Schätze dankten, erhielt unter Känfuwe el-Ghüri den
Todesftofs, denn im Jahre 1497 umfegelte Vasco de Gama das Kap der guten Hoffnung, und zu
Melinda an der oftafrikanifchen Külte fand er einen arabifchen Piloten, der ihn nach dem
malabarifchen Indien und in Gcwäffer führte, welche den europäifehen Seefahrern bis dahin
unbekannt gewcfen waren, in denen aber feit vielen Jahrhunderten ein den Muslimen goldene
Früchte tragender, wohlgcregclter Verkehr beftand, welcher bis China und Japan reichte. El-Ghüri
verkannte keineswegs die den Intereffen feines Volkes durch die Portugiefen drohende Gefahr und
fandte, aufgemuntert durch die Venetiancr, eine ftattliche Flotte unter dem Befehl des kurdifchen
Emir Hufen in die indifchen Gcwäffer.

Bei dem erften Zufammenftofse mit den Abendländern fiel den Schiffen el-Ghüri's ein
wenn auch theuer erkaufter Sieg zu; aber fchon im Jahre 1509 gelang es dem grofsen Francesco
d'Almeida, feinen im glorreichften Heldenkampfe gegen die Aegypter gefallenen Sohn Lourenco zu
rächen und die von Hufen geführte Flotte zu vernichten. Diefes bei Diu gefchlagene Seetreffen
gab Indien in die Hand der Portugiefen und vernichtete auf immer den arabifchen Seehandel
mit den Reichen des Oftens. Die neuen Behcrrfchcr Aegyptens, die Osmanen, machten zwar
fpäter einen Verfuch, Geh Diu's von Neuem zu bemächtigen; diefer fcheiterte aber vollkommen,
und bis heute ift es der türkifchen Flagge nicht gelungen, fich in den indifchen Häfen Geltung
zu verfchaffen.

Was grofs und entwickelungsfähig, was fchön und bedeutend war in Aegypten, das ift
durch die Eroberung diefes Landes durch die Osmanen gefchädigt oder zu Grunde gerichtet
worden. Diefs verhängnifsvolle Ercignifs trat wenige Monate nach dem Tode Känfuwe el-Ghüri's
ein, der es verfäumt hatte, den Türken zu rechter Zeit entgegenzutreten. Sein Nachfolger war
fein früherer Sklave Tumän-Bei, dem die Kairener den Beinamen Melik el-afchraf, d. i. hoch-
geehrter König, gaben. Und er wufste Geh diefen Ehrentitel durch Heldengröfse im Unglück
zu verdienen. Am 17. Oktober 1516 hatte er den Thron beftiegen, und fchon am 20. Januar 1517
ftanden die Befieger feines Vorgängers nur wenige Wegftunden von Kairo. Bei Heliopolis in
der Nähe des Pilgerfees (Birket el-Hagg) kam es zur Schlacht. Eine Abtheilung der Osmanen
griff das Lager der Aegypter an, eine zweite umging den Mokattam und fiel dem Heere Tumän-
Beis in die Flanke. Dieler letztere hatte wie ein Held aus den Glanztagen des Islam gekämpft,
und es war ihm fchon gelungen, mit zwei Emiren und einer tapferen Schaar von Mamlukcn bis
in das Herz des türkifchen Lagers vorzudringen, fich des Zeltes des Sultan Selim zu bemächtigen
und die Befehlshaber, welche er in demfelben fand, niederzumachen, als man ihm die Nachricht
überbrachte, dafs feine Armee in voller Flucht das Schlachtfeld verlaffe. Auch die offenen und
maskirten Gräben, in denen die Aegypter ihr Gcfchütz aufgeftellt hatten, waren von den Osmanen
genommen worden, und zwar durch den Verrath zweier albanefifchen Mamluken, die einem
türkifchen Pafcha, ihrem Landsmanne, den Schlachtplan Tumän-Beis verriethen und ihm die durch
Rohrgcflecht verborgenen Laufgräben und die Stellungen der Gefchütze zeigten. Nachdem es den
Osmanen gelungen war, die ägyptifche Armee zu umgehen, hätte diefe ihre Artillerie wenden
muffen, aber die Kanonen der Mamluken waren altväterifche, auf fchweren, mit Metall bcfchlagenen
Balken ruhende eiferne Bombarden ohne Räder, deren Drehung fich nicht bewerkstelligen liefs,
während die Türken über fahrbare und leicht bewegliche Gefchütze verfügten. Darum hatte Kurt-
Bei, einer der tapferften Emire Tuman-Beis, der von den Siegern gefangen genommen ward,
Recht, als er Selim auf feine Frage, wohin denn feine alte Tapferkeit gekommen, die Antwort
ertheilte, diefe habe keinen Abbruch erfahren, und die Osmanen verdankten ihren Sieg nur den
 
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