Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Eckstein, Hans
Griechische streng-rotfigurige Vasenmalerei — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 64: Leipzig: Verlag von E. A. Seemann, 1923

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61240#0008
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
selbstherrisch Eigenleben forderndeTeilkräfte undTeilbe-
gabungen gab freilich auch in den gestaltenden Künsten
einem virtuos gehandhabten verselbständigten Raffine-
ment freiere Hand, aber doch bewahrt, so sehr sich hier
das Ende der in strengerem Sinne wesentlich griechi-
schen Kunst ankündet, auch jetzt noch und fernerhin
bis in die römische Kaiserzeit das Bildwerk, wenigstens
als monumentale Schöpfung, die angestammte Leiblich-
keit und — wenn auch in einem zeitlich gewandelten
Sinne — seine kultische Füllung. Das nicht schaubar
plastisch und bildhaft vergegenständlichte Gefühl, die
nicht im endlich begrenzten Raum verwirklichte endlose
Kraft, der nicht zu sinnlicher Gestalt verdichtete Trieb
hat vor dem antiken Menschen kein wirkliches und blei-
bendes Sein. Das gesamte hellenische Leben erfüllt sich
im Bild und in sinnlich begrenzter Schönheit, und das
Schöne ist seiner gestalten Form ewig ruhender Schoß.
In dieser zentralen Stellung der Kunst gründet die
auch flüchtigem Blicke sich darbietende wunderbare
Gesetzmäßigkeit, die strenge Einheit in der äußeren Er-
scheinung der hellenischen Kunstgebilde. Der Künstler
schuf nicht als menschliche Sonderexistenz und sein Werk
war keine Erfindung persönlichen Geschmacks und ge-
willkürter Phantasie: zwar vom Einzelnen geschaffen,
war es entwachsen der Gesamtschau des Volkes, von
seinem religiösen Drange getragen und genährt, von
seinem kultischen Schauer erfüllt. Ja, auch die Sicher-
heit, in der der Künstler bildete, die ihm vor seinem
Werke so wenig Zweifel ließ wie dem Handwerker vor
seinem gefertigten Gegenstand, ist Ausdruck desselben
Zustandes: auch für das geringste Gebild war der höchste
bildliche Ausdruck gesetzgebende Norm — ein Maß ge-
rade für seine äußere Erscheinung.
Daß selbst im niederen Gewerbe die Schmückung
nützlicher Gegenstände keine bloß geschmäcklerische
Verzierung zuließ, daß auch auf den Gefäßen täglichen

4
 
Annotationen