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Eckstein, Hans
Griechische streng-rotfigurige Vasenmalerei — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 64: Leipzig: Verlag von E. A. Seemann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.61240#0009
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Gebrauchs eine bloß dekorative Zierlust von dem in
der monumentalen Kunst vergegenwärtigten Bilde ver-
gotteten Menschtums verdrängt wurde, daß dieses
Hellas einende ewige Menschbild selbst hinabstieg bis
zum Erzeugnis emsigen Handwerks, ist das wunder-
barste Zeugnis für die Durchdringung und kultische Sät-
tigung des gesamten griechischen Lebens mit dem alles
Hellenische in sich beschließenden Maß. Gerade die
attische archaische „rotfigurige“ Vasenmalerei (von den
letzten Jahren der peisistratidischen Herrschaft bis zum
Ausgange der Perserkriege) offenbart diese Einheit am
klarsten. Denn die frühere Gefäßmalerei des 6. Jahr-
hunderts war noch stark an ein ornamentales Mittel,
das schwarze Silhouettenbild gebunden, opferte diesem
auch fast jedes Kolorit seiner keramischen Vorgänger
auf und war so trotz seiner erzählenden Darstellungen
doch, wenn auch noch so lebengefüllt, fester im Deko-
rativen und Typischen verhaftet. Erst die im leuchtend
roten Tongrund ausgesparte, aus dem mit dem glän-
zend schwarzen „Firnis“ gedeckten Gefäßgrunde pla-
stisch herausspringende Figur gab dem Bilde ein in
sich ruhendes Sein, ein in die körperhafte Erscheinung
selbst gebanntes, nicht nur in ihren Umrissen umschrie-
benes Leben. In der Zeit nach den Perserkriegen aber
schwindet mehr und mehr die peinliche handwerkliche
Sauberkeit und die sichere Vertrautheit im Umgänge
mit den stofflichen Mitteln, beginnt schon eine mäh-
liche Zerlösung der Einheit von Flandwerk und Monu-
mentalkunst und eine gleißende Pracht zerstört bald
das ebenmäßige Verhältnis von Gefäß und Bild (nur
die weißgrundige Lekythenmalerei entfaltet jetzt erst
ihre zarte Blüte im engen Anschluß an den Totenkult).
Aber nicht allein als höchste Ausbildung einer Kunst-
fertigkeit, sondern ebenso als Ausdruck gesamtmensch-
licher Haltung, maßerfüllter Gebärde und urtümlicher
Lebensfülle, und als reinster Spiegel aller lebensheiteren

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