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Egger, Hermann
Carlo Madernas Projekt für den Vorplatz von San Pietro in Vaticano — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 6: Leipzig: Poeschel & Trepte, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.47055#0015
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CARLO MADERNAS PROJEKT FÜR DEN VORPLATZ
VON SAN PIETRO IN VATICANO

SEITDEM sich die kunstgeschichtliche Forschung mit immer steigendem
Interesse den beiden führenden Gestalten des römischen Barocks, Lorenzo
Bernini und Francesco Borromini, zugewendet hatte, kam es des öfteren zu mehr
oder minder abträglichen Beurteilungen des Wirkens Carlo Madernas, die fast
gänzlich unwidersprochen blieben. Seine Tätigkeit, bereits seit den Tagen Jakob
Burckhardts in einseitiger Weise dargestellt, erfuhr so weitere ungünstige
Kritiken. Bedauerlicher Weise, denn der Rückweg wird nicht so leicht zu finden
sein. Meine Überzeugung geht dahin, daß erst die Publikation der ganzen in
Betracht kommenden Sitzungsprotokolle der Congregazione della Fabbrica di
S. Pietro zu einer vollständigen Rehabilitierung Carlo Madernas führen wird.
Doch liegt dies noch in weiter Ferne. Aber vielleicht tragen bereits die Ergebnisse
dieser Untersuchung ein wenig dazu bei, daß die Bedeutung dieses genialen
Architekten in einem günstigeren Lichte erscheine und daß ihm nach dieser
langen Periode verminderter Einschätzung wieder die gebührende Anerkennung
zuteil werde1.
Den Ausgangspunkt für unsere Betrachtungen soll ein in der Sammlung archi-
tektonischer Handzeichnungen der Uffizien zu Florenz auf bewahrtes Projekt
Madernas2 bieten, das merkwürdigerweise bisher keine Publikation gefunden
hat. Als bescheidener Vorläufer der späteren großartigeren Entwürfe für die
Platzanlagen von St. Peter gedeutet, dürfte es immer wieder beiseite gelegt
worden sein. Und doch besitzt dieses Projekt ein Detail, das ihm ein ganz be-
sonderes architekturgeschichtliches Interesse sichert: Es ist die Schrägstellung
des nördlichen Seitenflügels. Unwillkürlich gemahnt es an die Divergenz der
Korridore Lorenzo Berninis gegen die Front von St. Peter. Während letztere
jedoch in so ausgesprochenem Maße zur Betonung kam, daß die verschiedensten
Hypothesen bezüglich der damit verbundenen künstlerischen Absichten und der
für den Beschauer sich ergebenden optischen u. a. Wirkungen entstehen konnten,
erscheint die Schrägstellung des Madernaschen Flügels als eine ganz gering-
fügige. Sie ist fast unmerklich! Aber sie ist da, was soviel bedeutet als: Daß sie
sich nicht umgehen ließ. Unabänderliche örtliche Gegebenheiten verhinderten
offenbar eine senkrechte Anordnung dieses Flügels.
Schon seit vielen Jahren von der Überzeugung geleitet, daß bei Michelangelos
vielbesprochenen Projekte für den Kapitolsplatz die schräge Stellung des Palazzo
1 Die verdienstvolle Zusammenfassung von A. Munoz in der »Biblioteca d’arte illustrata« (ser. I, fase. 12)
läßt erkennen, wie erträgnisreich sich eine großzügig angelegte Monographie gestalten würde.
’ Dis. arch. n. 263 (abgeb. auf Taf. V und VI).

II
 
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