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Eggers, Friedrich; Eggers, Karl
Christian Daniel Rauch (Band 1) — Berlin, 1873

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https://doi.org/10.11588/diglit.43146#0087
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Tortmm, Mailand, — Januar 1805.

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neue Jahr sie in Casatisma, einem elenden Neste vor Pavia überraschte.
Um 9 Uhr am Neujahrsmorgen ging es weiter. Der Weg war so
schlecht, daß man wohl im Morast stecken geblieben wäre, wenn man
nur drei Pserde gehabt hätte; er ist übrigens „immer eben wie in der
Mark Brandenburg; nichts als Weiden, Erlen, Wiesen und Wasserlei-
tungen." Nach Ueberschreitung eines Armes des Tessin wird es besser
und bald gelangen sie über die steinerne Brücke des Stromes in die
lebhafte, gut gebaute Stadt Pavia. Den kurzen Aufenthalt benutzte
Rauch zu einem Einblick in die größte Kirche (S. Michele), deren alte
Wandgemälde er erwähnt, und hat er darüber versäumt, die Arca des
heiligen Augustinus im Dom zu besichtigen. Man wollte eben noch
nach Mailand, wo man 5 Uhr Abends anlangte. Am 2. Januar stand
Rauch im damals noch nicht ganz vollendeten Dom von Mailand.
„Seine große Ausdehnung in Länge und Breite," sagt er, „diese
schön geordneten reichen Verzierungen, diese Weiße des Marmors, der
vom Straßenpslaster bis zum Knopf innen und außen glänzend dies
Heiligthum umgiebt, zeugen von dem großen Charakter und Reichthum
des Jahrhunderts, die diesen Tempel zur Ehre Gottes projectirten.
Tritt man ins Innere, unter diese hochgewölbten Säulengänge, so ist
der erste Gedanke: Ruhe! — Kein irdischer Laut; das Geräusch der Stadt
zerschellt wie die Meereswogen am Felsen; nur ein dumpfes Getön
bleibt übrig. — Dazu das verhallende Geräusch des ununterbrochenen
Messelesens und ebenso unbestimmt fürs Auge die doppelte Lichtwirkung,
vielfarbig durch die unermeßlich großen Fenster, sich verdunkelnd gegen
den Hochaltar zu, von welchem her die Lampen strahlen: dies Alles
macht den Eindruck, daß es Jeden voller Andacht niederwirft und ihn
hier die Gottheit ahnen läßt." —
„Unter dem Hochaltar ist die Gruft des heiligen Karlo Borommeo
prächtig, von glänzendem Mormor; in dem Schein von 100 Lampen,
hört man hier wie oben die Seelenmessen dieses Heiligen lesen."
Ueber Lionardo's Meisterwerk äußert er sich so: „Es ist beschädigt,
aber doch noch genug erhalten, Jeden, der das Wesentliche der Kunst,
die Seele derselben, poetische Erfindung, Wahrheit des Ausdrucks
 
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