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Berlin und Breslau, 1818—1819.
zweiflung bringt. „Aber wie herrlich der Besitz!" setzt er getröstet
hinzu. —
Die letzten Tage in Breslau vergingen in angenehmer Geselligkeit.
Ludwig Tieck wurde auf der Rückreise in Ziebingen, Burgsdorf in
Sandvw besucht. Dort fesselt ihn das nähere Eingehen in die kunst-
philosophische Betrachtung, hier entzücken ihn die Kinder, die er im
Rollwagen im Garten fährt und alle umwirft.
Die Kerrichtunff der Werkstatt i» Jerkin.
Am 12. November war er wieder in Berlin zurück. Wenn ihn
auf der ganzen Reise auch der dunkle Schatten der Werkstatt nicht
ganz verlassen hatte, so waren doch Beschäftigung und Eindrücke sonst
wesentlich angenehmer Natur gewesen.- Tieck hatte ihm so vortrefflich
über das Thema „Die Sorgen sind nicht der Sorgen werth" geschrie-
ben, ihn auf alle Lichtseiten seines Lebens aufmerksam gemacht. „Wer
ist jetzt der in Deutschland," setzt er hinzu, „Ihren Namen nicht mit
einer Art von Achtung hört und sich zu Ihrer persönlichen Bekannt-
schaft Glück wünscht? -— Denken Sie sich dagegen nur meine Lage,
der genöthigt gewesen, einen großen Theil seines Lebens unerläßlichen
Pflichten anfzuopfern*) und darüber diesen Theil des Lebens und bei-
nahe jede frohe Aussicht erblichen hält. Alt geworden fast ohne Genuß,
die Bemühung und jede Anstrengung nicht hinreichend gewesen, mu
Dinge zu bezahlen, welche ich als nothwendig zu bezahlen ansehe, um
mit Freiheit mich überall zeigen zu dürfen, meine Bemühungen fast
von Niemanden nur bemerkt — und dennoch sehen Sie, daß meine
Gesichtsfarbe eher blühend als trüb nnd bleich ist und gewiß haben
Sie wenige melancholische Stunden in mir bemerkt. Wie sollte es
auch, da in Ihrer Gegenwart ich nur daran zn denken brauchte, mir
') Daß diese Pflichten nur von ihm unerläßlich gehalten wurden, ändert nichts in
Bezug auf die Bcurtheilung des Charakters von Tieck, der hier gerade in seiner ganzen
Liebenswürdigkeit auftritt.
Berlin und Breslau, 1818—1819.
zweiflung bringt. „Aber wie herrlich der Besitz!" setzt er getröstet
hinzu. —
Die letzten Tage in Breslau vergingen in angenehmer Geselligkeit.
Ludwig Tieck wurde auf der Rückreise in Ziebingen, Burgsdorf in
Sandvw besucht. Dort fesselt ihn das nähere Eingehen in die kunst-
philosophische Betrachtung, hier entzücken ihn die Kinder, die er im
Rollwagen im Garten fährt und alle umwirft.
Die Kerrichtunff der Werkstatt i» Jerkin.
Am 12. November war er wieder in Berlin zurück. Wenn ihn
auf der ganzen Reise auch der dunkle Schatten der Werkstatt nicht
ganz verlassen hatte, so waren doch Beschäftigung und Eindrücke sonst
wesentlich angenehmer Natur gewesen.- Tieck hatte ihm so vortrefflich
über das Thema „Die Sorgen sind nicht der Sorgen werth" geschrie-
ben, ihn auf alle Lichtseiten seines Lebens aufmerksam gemacht. „Wer
ist jetzt der in Deutschland," setzt er hinzu, „Ihren Namen nicht mit
einer Art von Achtung hört und sich zu Ihrer persönlichen Bekannt-
schaft Glück wünscht? -— Denken Sie sich dagegen nur meine Lage,
der genöthigt gewesen, einen großen Theil seines Lebens unerläßlichen
Pflichten anfzuopfern*) und darüber diesen Theil des Lebens und bei-
nahe jede frohe Aussicht erblichen hält. Alt geworden fast ohne Genuß,
die Bemühung und jede Anstrengung nicht hinreichend gewesen, mu
Dinge zu bezahlen, welche ich als nothwendig zu bezahlen ansehe, um
mit Freiheit mich überall zeigen zu dürfen, meine Bemühungen fast
von Niemanden nur bemerkt — und dennoch sehen Sie, daß meine
Gesichtsfarbe eher blühend als trüb nnd bleich ist und gewiß haben
Sie wenige melancholische Stunden in mir bemerkt. Wie sollte es
auch, da in Ihrer Gegenwart ich nur daran zn denken brauchte, mir
') Daß diese Pflichten nur von ihm unerläßlich gehalten wurden, ändert nichts in
Bezug auf die Bcurtheilung des Charakters von Tieck, der hier gerade in seiner ganzen
Liebenswürdigkeit auftritt.