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Herlin und München.
1819-1830.
Kultur- und Kunstkeben der Zeit. «
Der Sommer 1819 war schwül in physischer und in geistiger
Hinsicht. Er brütete die Demagogenversolgungeu und die Karlsbader
Beschlüsse aus: nach allen Seiten Uebergrisfe unter dem Deckmantel
der Nothwehr gegen Angriffe, welche überall nicht geschahen. Frei-
lich war Kotzebue ermordet, am 23. Mürz. Erschreckt schrieb Frau
von Humboldt aus Rom: 'Ist das der Geist, der die deutsche Ju-
gend belebt!' — Ihrem Schrecken gesellte sich das Mißbehagen, daß
der miserable Mensch ein 'so glorioses Ende' gefunden hatte. So
ward allgemein die Mißbilligung der That abgeschwücht durch die
mangelnde Sympathie für deren Opfer. Der König hielt es zwar
für nothwendig, eine Todtenfeier im Theater veranstalten zu lassen.
Aber es wurden, wie Rauch au Frau von Humboldt schreibt, nicht
mehr Neugierige hineingelockt als ein Panegyrikus auf einen todten,
viel belobten Pudel dahin gezogen haben würde. Böswilligkeit war
geneigt, daraus auf die Billigung des politischen Mordes zu schließen;
allein die Leute waren viel verständiger als man ihnen zutraute und
hatte Sand nicht an Löhning in Schmalbach einen so unglücklichen
Nachäffcr gefunden, vielleicht würde auch von der Seite der Macht
verständiger verfahren sein und die große in Berlin vorgenommenc
Verhaftung von etwa dreißig Personen, meistens Studirendeu, in den
Nächten des 8. und 9. Juli ans dem großen Corps der Kotzcbuetödter,
wie die Berliner sich ausdrückten, wäre unterblieben. So wenigstens
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