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Vergleichung mit dem Charlottenburger Denkmal.

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ruhen über einander auf der Brust, der rechte Unterschenkel ist über
den linken geschlagen. Beide Gestalten scheinen im süßen Schlummer
des Lebens hingestreckt, lind doch soll dies nur eiu Schein sein, und der
Künstler wollte nnd durfte es uicht unterlassen, diesen Schein so weit
zu betonen, daß kein Zweifel über das entwichene Leben bleibt. Dies
ist nnr möglich, wenn der volle Stillstand aller Muskelthätigkeit, der
in der Darstellung eines lebenden Organismus an keiner Stelle sicht-
bar werden darf, Weik er eben nirgend stattfindet, in dem Entschlum-
merten irgendwo anschaulich wird. Bei deu beiden Werken Raucksis
ist dies der Fall in der leichten Erstarrung der Lage des Oberkör-
pers, des Halses und des Hanptes. Wenn aber die zweite Statue
das Haupt iu anmuthiger Weudung nach rechts neigt, die linke Hand
weniger weit nnd in leichterer Berührung über dell rechten Unterarm
legt, und das rechte Bein weniger starr übergeschlagen hat, so daß
dessen Fußspitze niedriger gesenkt ist, als die Spitze des unten liegen-
den linken Fußes, während beim Charlottenburger Denkmal die über-
geschlagene Fußspitze höher steht; so sind dies lauter kleine Einzel-
motive, durch welche der Künstler die todte Königin dem Leben und
zugleich auch der empfindenden Theilnahme näher rückte, ohne sie
ganz aus dem Todesschlafe zu befreien.
So ward auch sein neues Werk von der bewundernden Mitwelt
aufgefaßt, und der Ruhm, daß der Meister sich selbst übertroffen,
fand auch in der Ferne ehrenden Wiederhall. Denn kaum war das
Werk erst in engeren Kreisel! bekannt geworden, als schon Goethe
dem Schöpfer desselben schrieb: (11. März 1828) 'DaS zweite Bild
der verewigten Königin ist mit der größten Theilnahme ausgenommen,
und das in manchem Sinne bedenkliche Unternehmen mit allgemeinem
Beifall gekrönt worden, wozu ich vou Herzen Gtück wünsche, denn
das erste hatte sich so viele Neigung erworben, Erinnerungen so vieler
Jahre waren daran geknüpft, daß es viel heißen will, wenn sich
das Doppelgebild nur daneben halten, geschweige denn den Vorzug
darüber gewiuncu will/ -
Auch dem Meister selbst blieb dies Werk eiue seiner Liebliugs-
schöpfuugeu, auf welches später noch wiederholt sein fürsorgliches
 
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