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Zeit-, Kultur- und Kunstgeschichtliches, 1830—1840.
hanptender Kraft erwuchs. Dies war die französisch-romantische
Schule, die mit Delaeroix selbstständige Geltung gewann, gegen
das Ende der Restauration immer mehr erstarkte, am deutlichsten auf
dem Gebiete der bildenden Kunst den französischen Nationalcharakter
so ausprägend, wie er demnächst auch auf politischem Gebiete zu neuer
Geltung kam.
Anders als die um dieselbe Zeit aufkeimendc Malerschule Dentsch-
lauds, in welcher das lyrische nnd subjektive Momeut überwog, richtete
die französische Romantik sich auf die reale leidenschaftliche Bewegt-
heit der menschlichen Natur in den wirklichen Ereignissen der Ge-
schichte und des Lebens. Schauer und Grausen, oder aber lüsterner
Sinnenkitzel, das sind die beiden Pole romantischer Weltanschauung,
auf welche die französische Kunst gerichtet ist. Aber der nicht nach
Junen, sondern nach Außen gewandte Blick erfaßte mit immer tieferer
Durchdringung auch die äußere Erscheinung in ihrer eigenthümlich
malerischen, durch Licht und Farbe bedingten Geltung nnd trug auch
diese auf die Leinwand. So ward die romantische Schule Frank-
reichs für unsere Zeit die Pflegerin des Kolorits und der realistisch-
technischen Darstellungsweife. Der Reflex dieser Eigenschaften, ins-
besondere der letzteren, ist unverkennbar in der deutschen Malerei.
Die Wechselbeziehung ging zum Theil auf Rom zurück, wo Ingres
nnd Guorieault mit Wilhelm von Schadow und Wach zu-
sammengetroffen waren, während wir Wach schon früher auch un-
mittelbar an der Quelle der technischen Studien nach der Natur in
Paris schöpfen sahen.
Schadow's Berufung zum Direktor der Düsseldorfer Akademie
bezeichnet den Wendepunkt, von wo ab die bis dahin in der Malerei
einseitige nendeutsche Romantik sich auch inhaltlich nach allen Rich-
tungen zu entfalten beginnt. Ihre Geburtsstätte war in Rom jenes
Zimmer der Casa Bnrtoldi gewesen, welches Cornelius, Overbeck,
Veit und Schadow mit einem biblischen Fresken-Cyclus schmückten.
Aus der religiösen Richtung hatte die romantische Malerei ihre Ent-
wickelung begonnen. Overbeck hielt diese Richtung fest und Pflegte
sie weiter in Rom; die drei Genossen trugen sie über die Alpen.
Zeit-, Kultur- und Kunstgeschichtliches, 1830—1840.
hanptender Kraft erwuchs. Dies war die französisch-romantische
Schule, die mit Delaeroix selbstständige Geltung gewann, gegen
das Ende der Restauration immer mehr erstarkte, am deutlichsten auf
dem Gebiete der bildenden Kunst den französischen Nationalcharakter
so ausprägend, wie er demnächst auch auf politischem Gebiete zu neuer
Geltung kam.
Anders als die um dieselbe Zeit aufkeimendc Malerschule Dentsch-
lauds, in welcher das lyrische nnd subjektive Momeut überwog, richtete
die französische Romantik sich auf die reale leidenschaftliche Bewegt-
heit der menschlichen Natur in den wirklichen Ereignissen der Ge-
schichte und des Lebens. Schauer und Grausen, oder aber lüsterner
Sinnenkitzel, das sind die beiden Pole romantischer Weltanschauung,
auf welche die französische Kunst gerichtet ist. Aber der nicht nach
Junen, sondern nach Außen gewandte Blick erfaßte mit immer tieferer
Durchdringung auch die äußere Erscheinung in ihrer eigenthümlich
malerischen, durch Licht und Farbe bedingten Geltung nnd trug auch
diese auf die Leinwand. So ward die romantische Schule Frank-
reichs für unsere Zeit die Pflegerin des Kolorits und der realistisch-
technischen Darstellungsweife. Der Reflex dieser Eigenschaften, ins-
besondere der letzteren, ist unverkennbar in der deutschen Malerei.
Die Wechselbeziehung ging zum Theil auf Rom zurück, wo Ingres
nnd Guorieault mit Wilhelm von Schadow und Wach zu-
sammengetroffen waren, während wir Wach schon früher auch un-
mittelbar an der Quelle der technischen Studien nach der Natur in
Paris schöpfen sahen.
Schadow's Berufung zum Direktor der Düsseldorfer Akademie
bezeichnet den Wendepunkt, von wo ab die bis dahin in der Malerei
einseitige nendeutsche Romantik sich auch inhaltlich nach allen Rich-
tungen zu entfalten beginnt. Ihre Geburtsstätte war in Rom jenes
Zimmer der Casa Bnrtoldi gewesen, welches Cornelius, Overbeck,
Veit und Schadow mit einem biblischen Fresken-Cyclus schmückten.
Aus der religiösen Richtung hatte die romantische Malerei ihre Ent-
wickelung begonnen. Overbeck hielt diese Richtung fest und Pflegte
sie weiter in Rom; die drei Genossen trugen sie über die Alpen.