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Zeit-, Kultur- uud Kunstgeschichtliches, 1880—1840.
Konst in freier Symbolik mit wunderbarer Schönheit farbig nieder-
geschrieben, vollendet in der Form malerischer Komposition, dem stoff-
lichen Inhalte nach nnr vergleichbar den aus gleicher deutscher Ge-
dankentiefe, wenn auch auf anderem, dem religiösen Gebiet geflossenen
späteren Schöpfungen Cornelius' für deu Camposauto.
Wie aber stellt sich zu den betrachteten Entwickelnngsphasen der
malerischen Kunst die plastische? — Wie insbesondere hier die Be-
ziehung zwischen Frankreich und Deutschland? —
Der plastische Sinn war im französischen Volke zeitweilig lebhaft
entwickelt. Sein besonderes Genügen findet er aber weniger in der
monumentalen Plastik, ja nicht einmal in der plastischen Kunst als solcher,
sondern der Beweglichkeit des Volksgeistes entsprechend, weit mehr in
der flüßig gewordenen Skulptur, welche die plastischen Gestalten in
aktuelle Bewegung setzt in immer neuer Wandlung der Erscheinung
— in der Schauspielkunst. Die bedeutendsten plastischen Werke jen-
seits der Vogesen bestehen in Schöpfungen einer Rachel, eines Talma.
Nicht sowohl das Bleibende, als der Wechsel der Gestalten ist das,
was den plastischen Sinn der Franzosen fesselt, ein Wechsel, mit dem
Bewußtsein erzeugt, daß er vom Volke angeschaut und bewundert
wird. Es ist das Theatralische, das überall in der Entäußerung des
französischen Volksgeistes ein hervorragendes Moment bildet, uud das
der plastische Sinn auch dann nicht entbehren will, wenn er seine
eigenste Kunst, die Skulptur, zum Ausdrucksmittel wählt.
Als die französische Republik und das erste Kaiserreich die Zeiten
des römischen Freistaates und des Cäsarismus in Scene zu setzen
bestrebt waren, spiegelte sich der theatralische Geist des affektirten
Römerthums auch in der Skulptur. Mit dem theatralischen Manie
rismus der Roccocozeit hatte Chaudet zuerst aus der^neueu Staats-
anschauung heraus, gebrochen. Bosio folgte sofort; öald auch
Cortot, Duret. Durch die Antiken Roms hatten sie Alle ihre
Schöpfungskraft entflammt. Aber das Nationalgefnhl hielt dem künst-
lerischen Stilgefühl die Waage, das seelische Pathos kam auf Kosten
der pathetischen äußeren Form nicht zu seinem Rechte. Kein Wunder,
Zeit-, Kultur- uud Kunstgeschichtliches, 1880—1840.
Konst in freier Symbolik mit wunderbarer Schönheit farbig nieder-
geschrieben, vollendet in der Form malerischer Komposition, dem stoff-
lichen Inhalte nach nnr vergleichbar den aus gleicher deutscher Ge-
dankentiefe, wenn auch auf anderem, dem religiösen Gebiet geflossenen
späteren Schöpfungen Cornelius' für deu Camposauto.
Wie aber stellt sich zu den betrachteten Entwickelnngsphasen der
malerischen Kunst die plastische? — Wie insbesondere hier die Be-
ziehung zwischen Frankreich und Deutschland? —
Der plastische Sinn war im französischen Volke zeitweilig lebhaft
entwickelt. Sein besonderes Genügen findet er aber weniger in der
monumentalen Plastik, ja nicht einmal in der plastischen Kunst als solcher,
sondern der Beweglichkeit des Volksgeistes entsprechend, weit mehr in
der flüßig gewordenen Skulptur, welche die plastischen Gestalten in
aktuelle Bewegung setzt in immer neuer Wandlung der Erscheinung
— in der Schauspielkunst. Die bedeutendsten plastischen Werke jen-
seits der Vogesen bestehen in Schöpfungen einer Rachel, eines Talma.
Nicht sowohl das Bleibende, als der Wechsel der Gestalten ist das,
was den plastischen Sinn der Franzosen fesselt, ein Wechsel, mit dem
Bewußtsein erzeugt, daß er vom Volke angeschaut und bewundert
wird. Es ist das Theatralische, das überall in der Entäußerung des
französischen Volksgeistes ein hervorragendes Moment bildet, uud das
der plastische Sinn auch dann nicht entbehren will, wenn er seine
eigenste Kunst, die Skulptur, zum Ausdrucksmittel wählt.
Als die französische Republik und das erste Kaiserreich die Zeiten
des römischen Freistaates und des Cäsarismus in Scene zu setzen
bestrebt waren, spiegelte sich der theatralische Geist des affektirten
Römerthums auch in der Skulptur. Mit dem theatralischen Manie
rismus der Roccocozeit hatte Chaudet zuerst aus der^neueu Staats-
anschauung heraus, gebrochen. Bosio folgte sofort; öald auch
Cortot, Duret. Durch die Antiken Roms hatten sie Alle ihre
Schöpfungskraft entflammt. Aber das Nationalgefnhl hielt dem künst-
lerischen Stilgefühl die Waage, das seelische Pathos kam auf Kosten
der pathetischen äußeren Form nicht zu seinem Rechte. Kein Wunder,