David d' Angers und Rietschel.
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die Auffassung des Ideals aus den Werken David's hervor. Neben
einer besonderen Betonung der von den Nasenflügeln abwärts und
von der Nasenwurzel aufwärts auf die Stirn gehenden Falten, die
den Ausdruck des Nachdenkens mit dem einer gewissen Weltverachtnng
verbinden, ist insbesondere die Stirn selbst und der Schädel durch
gehends durch gesteigerten Ausdruck seiner Einzelformen und Ver-
größerung charakterisirt. Es ist dieselbe Jdealisirung durch Ver-
größerung, welche man bei Kaulbach ausnahmslos in der Zeichnung
des Auges findet, eine Jdealisirungsform, welche an die Kindheit der
bildenden Künste erinnert, insofern Assyrer und Aegypter die Könige
und Pharaonen in ihren über das Volk hervorragenden Eigenschaften
dadurch charakterisirten; daß sie sie mindestens in dreifacher Größe
ihrer Landeskinder abbildeten. — Der Altmeister Gottfried Schadow,
welcher nach der ihm in der Kunstgeschichte angewiesenen Stellung
als Vertreter des Realismus sich verwandtschaftlich zu David hin-
gezogen fühlen müßte, urtheilt über dessen Büsten: „Die hochgeho
denen Hirnschädel und einige andere uns sonderbar dünkendc Behand-
lungen der einzelnen Gesichtstheile und der Haare erregten bei uns
deutschen Künstlern mehr Verwunderung als Bewunderung." — Be-
kannt ist die Goethebüste in der Bibliothek zu Weimar mit jeuer über-
menschlichen Stirn und dem so unfaßbaren Gesichtsausdruck, daß
Rietschel äußerte: „Was hat David aus diesem Kopse gemacht? Mau
hat Mühe, den Eindruck wieder los zu werden, damit er einen nicht
des Nachts beunruhige." — Der Daunecker sehe Schiller steht jenem
Goethe dort gegenüber. David urtheilt über diesen: „Lrefi eo lumtv
ost uns üorrsur." — Danuecker ist ihm ein tüchtiger Handwerker,
der Alles kann, was erlernbar ist; aber kein Funke von Feuer und
Begeisterung. Er selbst will Schiller schaffen. „Ich habe ihn nie
gesehen, was liegt daran? Desto ähnlicher wird die Büste werden!
Ihm ziemt nicht die gekniffene Nase, die ihm Danuecker gegeben: nut
schwellenden Nüstern, Freiheit athmend, muß er gebildet werden."
Rietschel hatte den Arbeiten David's gegenüber das sichere
Gefühl nneü' io 80no 8oultoro. „Der Deutsche braucht sich nicht zn
verstecken — sagt er —; gebt ihm Arbeit und Gelegenheit zur Aus-
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die Auffassung des Ideals aus den Werken David's hervor. Neben
einer besonderen Betonung der von den Nasenflügeln abwärts und
von der Nasenwurzel aufwärts auf die Stirn gehenden Falten, die
den Ausdruck des Nachdenkens mit dem einer gewissen Weltverachtnng
verbinden, ist insbesondere die Stirn selbst und der Schädel durch
gehends durch gesteigerten Ausdruck seiner Einzelformen und Ver-
größerung charakterisirt. Es ist dieselbe Jdealisirung durch Ver-
größerung, welche man bei Kaulbach ausnahmslos in der Zeichnung
des Auges findet, eine Jdealisirungsform, welche an die Kindheit der
bildenden Künste erinnert, insofern Assyrer und Aegypter die Könige
und Pharaonen in ihren über das Volk hervorragenden Eigenschaften
dadurch charakterisirten; daß sie sie mindestens in dreifacher Größe
ihrer Landeskinder abbildeten. — Der Altmeister Gottfried Schadow,
welcher nach der ihm in der Kunstgeschichte angewiesenen Stellung
als Vertreter des Realismus sich verwandtschaftlich zu David hin-
gezogen fühlen müßte, urtheilt über dessen Büsten: „Die hochgeho
denen Hirnschädel und einige andere uns sonderbar dünkendc Behand-
lungen der einzelnen Gesichtstheile und der Haare erregten bei uns
deutschen Künstlern mehr Verwunderung als Bewunderung." — Be-
kannt ist die Goethebüste in der Bibliothek zu Weimar mit jeuer über-
menschlichen Stirn und dem so unfaßbaren Gesichtsausdruck, daß
Rietschel äußerte: „Was hat David aus diesem Kopse gemacht? Mau
hat Mühe, den Eindruck wieder los zu werden, damit er einen nicht
des Nachts beunruhige." — Der Daunecker sehe Schiller steht jenem
Goethe dort gegenüber. David urtheilt über diesen: „Lrefi eo lumtv
ost uns üorrsur." — Danuecker ist ihm ein tüchtiger Handwerker,
der Alles kann, was erlernbar ist; aber kein Funke von Feuer und
Begeisterung. Er selbst will Schiller schaffen. „Ich habe ihn nie
gesehen, was liegt daran? Desto ähnlicher wird die Büste werden!
Ihm ziemt nicht die gekniffene Nase, die ihm Danuecker gegeben: nut
schwellenden Nüstern, Freiheit athmend, muß er gebildet werden."
Rietschel hatte den Arbeiten David's gegenüber das sichere
Gefühl nneü' io 80no 8oultoro. „Der Deutsche braucht sich nicht zn
verstecken — sagt er —; gebt ihm Arbeit und Gelegenheit zur Aus-