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Die Werkstatt und die Schule, 1830—1840.
Sie den Zweifel; ich liebe nun das wenn nnch ängstlich Naive mehr,
als den manirirten festen Takt von Kiß; diese Art schließt die Sprache
zum Herzen aus, und daran paßt, daß ich Wredow's Knaben er-
wähne. Bemitleiden darf man ihn nicht, dazu steht er zu hoch, aber
betrüben muß es, daß eiu solches Werk dessen Fehler Natürlichkeit
ist, und gewiß keine unschöne, keinen Anklang findet. Ist es nicht ein
abgerundeter Gegenstand, der sich lebendig ausspricht und das Gemüth
anspricht und wie sind die Formen verstanden und empfunden?" —
Ueber Drake, dessen ausgezeichnete Leistung in Bildnissen Rauch
unter besonderer Hervorhebung einer Büste der Gräfin Solms ge-
rühmt hatte, bemerkt Rietschel: „an Drake erleben Sie doch eine
herrliche Genugthuung. Er hat ein seltenes Talent, wie ich bei keinem
der jüngeren Bildhauer mehr gesehen, denn wenn auch Schwanthaler-
sprudelnder ist, so entgeht ihm die Tiefe." — Noch in demselben
Jahre heißt es in einem anderen Berichte Ranch's (vom 24. Dezember):
„Drake, welcher Sie grüßt hat die Skizze zu Justus Mösers Statue
gemacht*), welches eiu charakteristisches Bild werden kann, wenn in
der Einfachheit auf beiden Beinen wechsellos zugleich stehend nicht zu
viel gethan wird. Drake's Gegenwart in Osnabrück hat auf das
Ganze sehr günstig eingewirkt, so daß ich nun keinen Zweifel mehr
habe, daß unter seinen bescheidenen Ansprüchen dieses Monument
tüchtig und gut, der Mittel wegen, zu Stande kommt. — Kiß hat
einen großen schönen Christus zum Giebelfelde der Potsdamer Kirche
eben im Thonmodell beendigt, welcher, wie ich hoste, auch noch als be-
sonderes Bild besser beendigt, angewendet werden wird, wodurch er
für seinen Ruf etwas Bleibendes stiftet. Ebenso hat Kalide in anderer
Manier seine Gruppe des Knaben mit dem Schwan, sehr schön und
charakteristisch, den letzteren, im Modell beendigt, auch der erstere in
weichen und angenehmen Formen erscheint. Der König hat auch seine
schöne Vase, 3 Fuß und 3 Zoll hoch, in Bronze ausznsühren be-
stellt. Kalide's Beharrlichkeit in der Kunst, des Zeitmaaßes nicht
achtend, seine moralische Reinheit macht mir ihn als Menschen und
1 Vergl. Bd. II, S. 380.
Die Werkstatt und die Schule, 1830—1840.
Sie den Zweifel; ich liebe nun das wenn nnch ängstlich Naive mehr,
als den manirirten festen Takt von Kiß; diese Art schließt die Sprache
zum Herzen aus, und daran paßt, daß ich Wredow's Knaben er-
wähne. Bemitleiden darf man ihn nicht, dazu steht er zu hoch, aber
betrüben muß es, daß eiu solches Werk dessen Fehler Natürlichkeit
ist, und gewiß keine unschöne, keinen Anklang findet. Ist es nicht ein
abgerundeter Gegenstand, der sich lebendig ausspricht und das Gemüth
anspricht und wie sind die Formen verstanden und empfunden?" —
Ueber Drake, dessen ausgezeichnete Leistung in Bildnissen Rauch
unter besonderer Hervorhebung einer Büste der Gräfin Solms ge-
rühmt hatte, bemerkt Rietschel: „an Drake erleben Sie doch eine
herrliche Genugthuung. Er hat ein seltenes Talent, wie ich bei keinem
der jüngeren Bildhauer mehr gesehen, denn wenn auch Schwanthaler-
sprudelnder ist, so entgeht ihm die Tiefe." — Noch in demselben
Jahre heißt es in einem anderen Berichte Ranch's (vom 24. Dezember):
„Drake, welcher Sie grüßt hat die Skizze zu Justus Mösers Statue
gemacht*), welches eiu charakteristisches Bild werden kann, wenn in
der Einfachheit auf beiden Beinen wechsellos zugleich stehend nicht zu
viel gethan wird. Drake's Gegenwart in Osnabrück hat auf das
Ganze sehr günstig eingewirkt, so daß ich nun keinen Zweifel mehr
habe, daß unter seinen bescheidenen Ansprüchen dieses Monument
tüchtig und gut, der Mittel wegen, zu Stande kommt. — Kiß hat
einen großen schönen Christus zum Giebelfelde der Potsdamer Kirche
eben im Thonmodell beendigt, welcher, wie ich hoste, auch noch als be-
sonderes Bild besser beendigt, angewendet werden wird, wodurch er
für seinen Ruf etwas Bleibendes stiftet. Ebenso hat Kalide in anderer
Manier seine Gruppe des Knaben mit dem Schwan, sehr schön und
charakteristisch, den letzteren, im Modell beendigt, auch der erstere in
weichen und angenehmen Formen erscheint. Der König hat auch seine
schöne Vase, 3 Fuß und 3 Zoll hoch, in Bronze ausznsühren be-
stellt. Kalide's Beharrlichkeit in der Kunst, des Zeitmaaßes nicht
achtend, seine moralische Reinheit macht mir ihn als Menschen und
1 Vergl. Bd. II, S. 380.