Die äußeren Ausdrucks mittel.
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griechischen „flügellosen Nike" machen. Für die plastische Wirkung
war dies ganz ohne Einfluß, wie er denu bei Uebersendung eines
Abgusses der kranzwerfenden Viktoria an Lund in Kopenhagen mit
Recht bemerken konnte: „Die Flügel zur Viktoria habe ich fehlen
lassen; sie sind nur ein Embarras!" — Wo er das Gewand von
einer der Schultern verglitten darstellte, konnte er dasselbe auf dem
Rücken leicht unterhalb der Flügelwurzeln hindurchgehen lassen, wo
das nicht der Fall war, begleitete er den Flügelansatz durch parallel
laufende Gewandfalten, oder endlich er kümmerte sich ebensowenig um
die Unterbrechung schräg laufender Falten durch den Flügelansatz,
wie dies der Urheber der Viktoria von Brescia gethan hatte.
Wenden wir uns von den äußeren Ausdrucksmitteln zu den
inneren der Geste und Geberde, so hat Rauch durch diese, — ohne
Frage durch die für jene Mittel gezogenen Schranken zur höchsten
Produktivität angeeifert, — Größtes und Unübertroffenes der heutigen
idealen Plastik geschaffen und eine der schwersten Aufgaben in wunder-
samer Vollendung gelöst. In dem Ruhmestempel zu Regensburg, wo
sich zahlreich die Büsten der großen deutschen Männer, auch zugesellter
Frauen versammeln, sollte in übermächtigen Gestalten die Gottheit
weilen, welche die Kränze des Ruhmes und der Ehren austheilt; Be-
wohnerinnen, gleichsam Wirthinnen dieses geweihten Tempels sollten
sie die Aufgenommenen empfangen und zum Fortleben im Gedächtniß
der Nachwelt einführen. Nur in dieser Weise war es möglich, das
einfache Symbol eines siegreichen Erfolges in sechsfacher Veränderung
vorzuführen, gleichsam als die Verkörperung des Sicgesgefühls, welches
die einzelnen Momente des Strebens zum Siege begleitet.
Dian tritt vor jene ernste Gestalt, welche in der Mitte der rechten
Seitenwand thront: die leicht bewegte Kreuzung der Unterschenkel,
über welche das Gewand in ruhiger Faltung hinabfällt, unterstützt das
Moment des stillen Harrens; in jeder Hand der elastisch gebogenen
Arme hält sie einen Lorbeerkranz und das Antlitz mit lorbeerum-
kränzter Stirn schaut in stiller Erwartung sinnend in die Ferne. Es
ist die abstrakte Verkörperung des Lohnes, der des Siegers harrt,
wie Rauch selbst sie bezeichnet, daß in ihr „das Erwarten ausge-
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griechischen „flügellosen Nike" machen. Für die plastische Wirkung
war dies ganz ohne Einfluß, wie er denu bei Uebersendung eines
Abgusses der kranzwerfenden Viktoria an Lund in Kopenhagen mit
Recht bemerken konnte: „Die Flügel zur Viktoria habe ich fehlen
lassen; sie sind nur ein Embarras!" — Wo er das Gewand von
einer der Schultern verglitten darstellte, konnte er dasselbe auf dem
Rücken leicht unterhalb der Flügelwurzeln hindurchgehen lassen, wo
das nicht der Fall war, begleitete er den Flügelansatz durch parallel
laufende Gewandfalten, oder endlich er kümmerte sich ebensowenig um
die Unterbrechung schräg laufender Falten durch den Flügelansatz,
wie dies der Urheber der Viktoria von Brescia gethan hatte.
Wenden wir uns von den äußeren Ausdrucksmitteln zu den
inneren der Geste und Geberde, so hat Rauch durch diese, — ohne
Frage durch die für jene Mittel gezogenen Schranken zur höchsten
Produktivität angeeifert, — Größtes und Unübertroffenes der heutigen
idealen Plastik geschaffen und eine der schwersten Aufgaben in wunder-
samer Vollendung gelöst. In dem Ruhmestempel zu Regensburg, wo
sich zahlreich die Büsten der großen deutschen Männer, auch zugesellter
Frauen versammeln, sollte in übermächtigen Gestalten die Gottheit
weilen, welche die Kränze des Ruhmes und der Ehren austheilt; Be-
wohnerinnen, gleichsam Wirthinnen dieses geweihten Tempels sollten
sie die Aufgenommenen empfangen und zum Fortleben im Gedächtniß
der Nachwelt einführen. Nur in dieser Weise war es möglich, das
einfache Symbol eines siegreichen Erfolges in sechsfacher Veränderung
vorzuführen, gleichsam als die Verkörperung des Sicgesgefühls, welches
die einzelnen Momente des Strebens zum Siege begleitet.
Dian tritt vor jene ernste Gestalt, welche in der Mitte der rechten
Seitenwand thront: die leicht bewegte Kreuzung der Unterschenkel,
über welche das Gewand in ruhiger Faltung hinabfällt, unterstützt das
Moment des stillen Harrens; in jeder Hand der elastisch gebogenen
Arme hält sie einen Lorbeerkranz und das Antlitz mit lorbeerum-
kränzter Stirn schaut in stiller Erwartung sinnend in die Ferne. Es
ist die abstrakte Verkörperung des Lohnes, der des Siegers harrt,
wie Rauch selbst sie bezeichnet, daß in ihr „das Erwarten ausge-
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