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Ehmer, Hermann; Stadtarchiv <Schwäbisch Gmünd> [Hrsg.]
Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd — Stuttgart, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.42374#0199
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Gmünd im Spätmittelalter

Das Seelhausn9 wurde am 15. Dezember 1445 von der Witwe Anna Hamerstätter
gestiftet.120 Der Stiftungsurkunde zufolge sollten die Bewohnerinnen des Hauses
Kranke pflegen und Sterbenden beistehen. Die Meisterin der Gemeinschaft wurde
vom Rat bestimmt, der auch sonst weitreichende Befugnisse zugestanden erhielt.
Vor 1476 traten die Seelschwestern dem dritten Orden des hl. Franziskus bei.121
Das Seelhaus war ursprünglich ein Beginenhaus, eine Gemeinschaft gemeinsam
lebender frommer Frauen. Die meisten dieser in fast allen Städten vertretenen, oft
recht kurzlebigen »Sammlungen« lehnten sich an Bettelordenskonvente an. Auch in
Schwäbisch Gmünd finden sich in der Zeit vor 1445 einige verstreute Hinweise auf
Beginen.122 Um 1400 wird im Bereich der heutigen Ledergasse ein selhus erwähnt,
und auch an der Stelle der Sammlung der Anna Hammerstätter bestand bereits im
Jahr 1400 ein Seelhaus.123
Klosterhöfe oder Niederlassungen auswärtiger Klöster124 bestanden in Gmünd nur
wenige, was auf eine mangelnde Attraktivität der Stadt als Wirtschaftsplatz hinwei-
sen dürfte. Je ein Haus besaßen das Prämonstratenserkloster Adelberg und die Bene-
diktinerabtei Lorch; in dem um 1400 erstmals genannten Lorcher Haus125 lebte 1414
die adlige Bürgerin Anna von Schechingen als Pfriindnerin. Als Klosterhof im
eigentlichen Sinn kann nur der »Königsbronner Hof« (heute »Schwörhaus«, vormals
»Schmalzgrube«) gelten, der sich von 1380 bis 1465 im Besitz des Zisterzienserklo-
sters Königsbronn befand, das wohl für seine Einkünfte bei Heubach und Oberbö-
bingen den Anschluß an den städtischen Markt suchte. Gegen Zahlung von etwas
über 5 fl. jährlicher Steuer befreite die Stadt das umfangreiche Anwesen mit großer
Scheuer 1380 von fast allen Abgaben und nahm es in ihren Schutz. Die weiteren
Bestimmungen des Vertrags zeigen deutlich das Bestreben des Rats, keinen auf Dau-
er immunen Bezirk in der Stadt entstehen zu lassen.126

Das Spital zum Heiligen Geist und das Sondersiechenhaus St. Katharina
Am Sonntag vor oder nach den vier Quatembern, so bestimmte es die 1364 erlassene
Spitalordnung, sollten die dem Spital gestifteten Almosen und Seelgeräte von der
Kanzel öffentlich verlesen werden: und daz man lebendiger und toter da gedenk, die
ir selgerat mit den siechen getailet habent oder noch tailen sullent; und och daz die
armen siechen dester haz gedenken und wizzen für wen und mit wem sie ir arbait ir
ly den und ir gebet setzzen und teilen süllen.127 Das Gedenken an die Stifter schuf eine
spirituelle Gemeinschaft der Lebenden und der Toten, der das Leiden und das Gebet
der Siechen im Spital zugute kam. Die tatsächliche Gemeinschaft der armen Siechen,
die einer geistlichen Lebensform unterstanden,bildete nur den sichtbaren Teil jener
umfassenden Gemeinde, die in der Erinnerung viermal jährlich lebendig wurde.
 
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