CARL EINSTEIN
Vorwort
Trotz der Expressionisten-Renaissance, die um 1950 ein-
gesetzt hat, ist Carl Einstein bis heute fast unbekannt ge-
blieben. Zumindest seine dichterisch-philosophischen Werke
sind nur einem kleinen Kreis bekannt; viel eher werden noch
seine kunsthistorischen Arbeiten gelesen, etwa sein Buch
Negerplastik und der Band Die Kunst des zwanzigsten Jahr-
hunderts der Propyläen-Kunstgeschichte. Das ist wohl zum
Teil auf die Tatsache zurückzuführen, daß Einsteins Schriften
nicht leicht verständlich sind; er spricht eine sehr eigenwillige
Sprache, und das, was er sagt, ist in seiner Unkonventio-
nalität auch nicht geeignet, dem Leser das Verstehen leicht
zu machen; zudem sind fast alle seine Werke schwer mit
Theorie beladen. Es scheint mir daher anläßlich einer Heraus-
gabe der gesammelten Werke dieses Autors angebracht, hier
über den Rahmen eines bloßen Geleitworts des Herausgebers
hinauszugehen und, statt der vorliegenden Ausgabe ledig-
lich ein editorisches Vorwort beizufügen, gleich eine Ein-
führung in das dichterische und essayistische Werk Carl Ein-
steins zu schreiben.
Wer in der berühmten Expressionisten-Anthologie Mensch-
heitsdämmerung - in der Carl Einstein übrigens nicht ver-
treten ist (er ist ja auch nicht in erster Linie Lyriker) -
hinten die Liste „Biographisches und Bibliographisches“ durch-
sieht, wo die Dichter selbst ihre Angaben machen, dem wird
auffallen, daß sich sämtliche Dichter — freilich aus verschie-
denen Gründen — um ein gewöhnliches Curriculum vitae,
um die schlichte Angabe ihres Lebenslaufes, drücken. Entweder
gehen sie so weit wie L. Rubiner, der sich überhaupt weigert,
eine Biographie zu liefern: „Ludwig Rubiner wünscht keine
Biographie von sich. Er glaubt, daß nicht nur die Aufzählung
von Taten, sondern auch die von Werken und Daten aus
Vorwort
Trotz der Expressionisten-Renaissance, die um 1950 ein-
gesetzt hat, ist Carl Einstein bis heute fast unbekannt ge-
blieben. Zumindest seine dichterisch-philosophischen Werke
sind nur einem kleinen Kreis bekannt; viel eher werden noch
seine kunsthistorischen Arbeiten gelesen, etwa sein Buch
Negerplastik und der Band Die Kunst des zwanzigsten Jahr-
hunderts der Propyläen-Kunstgeschichte. Das ist wohl zum
Teil auf die Tatsache zurückzuführen, daß Einsteins Schriften
nicht leicht verständlich sind; er spricht eine sehr eigenwillige
Sprache, und das, was er sagt, ist in seiner Unkonventio-
nalität auch nicht geeignet, dem Leser das Verstehen leicht
zu machen; zudem sind fast alle seine Werke schwer mit
Theorie beladen. Es scheint mir daher anläßlich einer Heraus-
gabe der gesammelten Werke dieses Autors angebracht, hier
über den Rahmen eines bloßen Geleitworts des Herausgebers
hinauszugehen und, statt der vorliegenden Ausgabe ledig-
lich ein editorisches Vorwort beizufügen, gleich eine Ein-
führung in das dichterische und essayistische Werk Carl Ein-
steins zu schreiben.
Wer in der berühmten Expressionisten-Anthologie Mensch-
heitsdämmerung - in der Carl Einstein übrigens nicht ver-
treten ist (er ist ja auch nicht in erster Linie Lyriker) -
hinten die Liste „Biographisches und Bibliographisches“ durch-
sieht, wo die Dichter selbst ihre Angaben machen, dem wird
auffallen, daß sich sämtliche Dichter — freilich aus verschie-
denen Gründen — um ein gewöhnliches Curriculum vitae,
um die schlichte Angabe ihres Lebenslaufes, drücken. Entweder
gehen sie so weit wie L. Rubiner, der sich überhaupt weigert,
eine Biographie zu liefern: „Ludwig Rubiner wünscht keine
Biographie von sich. Er glaubt, daß nicht nur die Aufzählung
von Taten, sondern auch die von Werken und Daten aus