m 21. Dezember 1917 ist Wilhelm Trübner in Karlsruhe gestorben,
stark am Geist, am Leibe schwach. Auf ein sturmlos und beschau-
lich verbrachtes Leben folgte ein Herzleiden, das die Kräfte und
Säfte des scheinbar so stämmigen Mannes schleichend aufzehrte.
Ob er nun die Wahrheit nicht kannte oder nicht kennen wollte —
Trübner arbeitete und plante wie je in gesunden Tagen. Nur unwillig begab er sich
in ärztliche Behandlung, und er schonte sich nicht in freieren Stunden. Einen
täuschenden Anlauf zur Auffrischung nahm seinWesen noch am Schluß des letzten
Lebensjahres: er wünschte eine Berufung nach Berlin als Lehrer an der Hochschule
für die bildenden Künste. Der Wunsch wurde rasch erfüllt; die Berufung erfolgte,
von Artur Kampf mit Überzeugung vertreten. Trübner sah hierin etwas wie eine ent-
scheidende Rechtfertigung seines persönlichen Kampfes um eine deutsche Malerei.
Dort, wo Max Liebermann führte, wohin ihm Slevogt und Corinth vorangezogen
waren, wollte er seiner endlich erreichten Allgemeinbedeutung froh werden. So
wenigstens erklärte er mir, in den Vorbesprechungen des Berliner Planes, die Gründe
des scheinbar verspäteten Ehrgeizes.
Doch — als fühle er Unentrinnbares über sich, betrieb er daheim mit bewußter
Emsigkeit seinen Nachruhm: er stellte für den Druck sein Oeuvre zusammen und
bastelte am Text seines Biographen. Es lag ihm sehr viel daran, so in die Kunst-
geschichte zu kommen, wie er sich selber einschätzte. Da—kurz vor seinem Tode—
sandte mirTrübner einen langen melancholischen, mit Bleistift geschriebenen Brief
vom Krankenlager: „Ich fühle mit jedem Tage, daß von jetzt ab mehr die Arzte
über meine zu ergreifenden Maßnahmen zu befinden haben werden als wie ich
selbst. Es sind höhere Gewalten, die in meine Entschlüsse eingreifen. Ich hatte
mir ja die Tätigkeit in Berlin selbst in verlockendster Weise vorgestellt und hatte
innerlich gefühlt, daß mir in meinem Alter noch eine mir von jeher so ersehnte
ausgiebige Beschäftigung in Aussicht stand. Jetzt hat das Schicksal mir durch diese
Pläne einen dicken Strich gemacht, und ich beklage mit Ihnen die Unerbittlichkeit
dieser Imponderabilien. Jedenfalls aber bleibe ich in treuer Gesinnung ... ergeben
für das Angebot, und ich hoffe immer noch, daß ich auf irgendeine Weise der
Berliner Akademie meine Erkenntlichkeit dafür zeigen kann." Über das Oeuvre
aber war von manchen Seiten Zustimmung zu ihm gedrungen: „Niemand wird
begreifen, weshalb meiner Kunst so viele Eselstritte versetzt worden sind, nicht
wahr?" Mit der Erinnerung an die Kränkungen, die seine künstlerische Frühzeit
beschattet, hat Trübner sein Leben lang fast einen Kultus getrieben. Auf dem Ge-
fühl längst vergangener Leiden hat ersieh angenehm geschaukelt. Die „Eselstritte"
gelangten durch eine Art Zwangsvorstellung in jedes Kunstgespräch des späteren
Trübner und in die Räsonnements seiner Biographen. Er hat eben nur jene An-
feindungen leiden müssen, denen jeder bedeutende Künstler ausgesetzt ist, der für
sich und nicht für die anderen gemalt hat. Trübner selbst stellt in seiner Vita (Per-
sonalien und Prinzipien S.8) dieses „allgemein übliche Schicksal" derbleibenden
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stark am Geist, am Leibe schwach. Auf ein sturmlos und beschau-
lich verbrachtes Leben folgte ein Herzleiden, das die Kräfte und
Säfte des scheinbar so stämmigen Mannes schleichend aufzehrte.
Ob er nun die Wahrheit nicht kannte oder nicht kennen wollte —
Trübner arbeitete und plante wie je in gesunden Tagen. Nur unwillig begab er sich
in ärztliche Behandlung, und er schonte sich nicht in freieren Stunden. Einen
täuschenden Anlauf zur Auffrischung nahm seinWesen noch am Schluß des letzten
Lebensjahres: er wünschte eine Berufung nach Berlin als Lehrer an der Hochschule
für die bildenden Künste. Der Wunsch wurde rasch erfüllt; die Berufung erfolgte,
von Artur Kampf mit Überzeugung vertreten. Trübner sah hierin etwas wie eine ent-
scheidende Rechtfertigung seines persönlichen Kampfes um eine deutsche Malerei.
Dort, wo Max Liebermann führte, wohin ihm Slevogt und Corinth vorangezogen
waren, wollte er seiner endlich erreichten Allgemeinbedeutung froh werden. So
wenigstens erklärte er mir, in den Vorbesprechungen des Berliner Planes, die Gründe
des scheinbar verspäteten Ehrgeizes.
Doch — als fühle er Unentrinnbares über sich, betrieb er daheim mit bewußter
Emsigkeit seinen Nachruhm: er stellte für den Druck sein Oeuvre zusammen und
bastelte am Text seines Biographen. Es lag ihm sehr viel daran, so in die Kunst-
geschichte zu kommen, wie er sich selber einschätzte. Da—kurz vor seinem Tode—
sandte mirTrübner einen langen melancholischen, mit Bleistift geschriebenen Brief
vom Krankenlager: „Ich fühle mit jedem Tage, daß von jetzt ab mehr die Arzte
über meine zu ergreifenden Maßnahmen zu befinden haben werden als wie ich
selbst. Es sind höhere Gewalten, die in meine Entschlüsse eingreifen. Ich hatte
mir ja die Tätigkeit in Berlin selbst in verlockendster Weise vorgestellt und hatte
innerlich gefühlt, daß mir in meinem Alter noch eine mir von jeher so ersehnte
ausgiebige Beschäftigung in Aussicht stand. Jetzt hat das Schicksal mir durch diese
Pläne einen dicken Strich gemacht, und ich beklage mit Ihnen die Unerbittlichkeit
dieser Imponderabilien. Jedenfalls aber bleibe ich in treuer Gesinnung ... ergeben
für das Angebot, und ich hoffe immer noch, daß ich auf irgendeine Weise der
Berliner Akademie meine Erkenntlichkeit dafür zeigen kann." Über das Oeuvre
aber war von manchen Seiten Zustimmung zu ihm gedrungen: „Niemand wird
begreifen, weshalb meiner Kunst so viele Eselstritte versetzt worden sind, nicht
wahr?" Mit der Erinnerung an die Kränkungen, die seine künstlerische Frühzeit
beschattet, hat Trübner sein Leben lang fast einen Kultus getrieben. Auf dem Ge-
fühl längst vergangener Leiden hat ersieh angenehm geschaukelt. Die „Eselstritte"
gelangten durch eine Art Zwangsvorstellung in jedes Kunstgespräch des späteren
Trübner und in die Räsonnements seiner Biographen. Er hat eben nur jene An-
feindungen leiden müssen, denen jeder bedeutende Künstler ausgesetzt ist, der für
sich und nicht für die anderen gemalt hat. Trübner selbst stellt in seiner Vita (Per-
sonalien und Prinzipien S.8) dieses „allgemein übliche Schicksal" derbleibenden
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