Die Frau links vom Kamin ist mit dem Reichsapfel ausgestattet und
vertritt das Heilige Römische Reich. Das Kamingebälk schmückt in der
Mitte eine Kartusche mit einer Inschrift (APELL / ELLU.EDU.), eine
weitere Kartusche befindet sich im Kamin unter zwei schnäbelnden
Tauben (VAN VIER EN VOR. / AL EVEN SCHOU / ANNO / 1665). An
den Wänden über dem Gesims vier Bilder in der Art Van Kessels mit
Wassertieren, in der Mitte ein Seesturm vor einer Felseninsel, das an
Bonaventura Peeters erinnert.
In der Mitte des Raumes steht ein Mann und präsentiert Europa ein
Bild mit Insekten und Schmetterlingen, ein weiteres Schmetterling-
Gemälde steht auf dem Boden, daneben ein Blumenstrauß, alles im
Stil Jan van Kessels, der seine Signatur in Form von Würmern auf einem
eigenen, auf dem Boden stehenden Bild gefasst hat, wie sie auch sonst
im Werk Van Kessels vorkommen ... Das bekannteste Beispiel einer
gegenständlich gebildeten Signatur ist in Caravaggios „Enthauptung
Johannes d. Täufers" von 1608 in der Kathedrale von La Valetta zu
finden, wo sich der Künstlername aus dem Blutstrom bildet. Stillleben
von Peter Binoit oder Clara Peeters tragen gelegentlich Signaturen aus
Keksen in Buchstabenform.
Hinter dem Mann steht auf dem Boden ein Porträt Papst Alexanders
VII. Im Vordergrund liegen Palette, Malstock und Flöte, Instrumente
der Künste, aufgereiht inmitten von Gegenständen des gehobenen
Zeitvertreibs: Trinkgefäße, Spielbrett, Würfel, Ballspiel, Flöte, die wohl
als Hinweis auf Leichtsinn und Verschwendung zu interpretieren sind,
wie ein Emblem von Roemer Visscher aus dem Jahr 1614 einen Trinker
neben Spielutensilien zeigt. ... Daneben liegen eine Geldbörse mit
verstreuten Münzen und eine Kostenaufstellung in der Schatulle
(RECENINGE / VOOR DEN BACKER 60.gu / DEN BROUWER 150
guln/ AEN WYN 80 gul / VOOR KINDERBET ONCOST /VROU WAS-
TER VRYROU PASTOR / IA IA Hr PASTOORS / MEMMEN VROU
WARSTERS / EN VRUVROUWEN / PRYSEN KINDER MAKEN / EN
BRUYLOFT / HOUWEN). In diesen Kontext gehört die Sanduhr auf
dem Tisch, auf der eine Muschel mit Seifenblasen liegt, beides Sym-
bole der Vanitas, der Vergänglichkeit, der hier ausgebreiteten irdischen
Pracht. Van Kessel folgt in der Zusammenstellung dieser Gegenstände
Jan Brueghel d.J.ln dessen Vanitas-Allegorie erscheinen ebenfalls
Goldpokale, Fahne, Rüstung, Musikinstrumente, Karten, Spielbrett,
Tennisspiel, Muscheln und Mandragorafiguren neben einem Putto mit
Seifenblasen ... [Abb. 54/2] Brueghel stellt dem Vanitasgedanken die
Heilsverkündung durch Christus gegenüber; unter seinem Bild ist zu
lesen: ,EGO SUM LUX MUNDI, VIA, VERITAS ET VITAL Van Kessel
jedoch bezieht die päpstlichen Insignien in die Vergänglichkeit ein. ...
Auf dem stehenden Buch ist ,PLINIUS' geschrieben, es handelt sich
wohl um dessen ,Historia Naturalis' (77 n. Chr.), eine Übersicht über
den gesamten Wissensstand seiner Zeit in sämtlichen Bereichen der
Naturwissenschaft, aber auch der bildenden Kunst. Diesen im 17. Jh.
noch gültigen enzyklopädischen Anspruch möchte auch Van Kessel in
seiner Bildfolge vertreten und stellt das Buch daher prominent in den
Vordergrund. De Bie weist in seiner Beschreibung des Zyklus eigens
darauf hin, dass Van Kessel in seinen Bildern zeigt, was Plinius und
,andere naturalisten' beschrieben haben. ...
In der rechten Ecke sind Waffen, Rüstungen, Trommeln, eine Fahne
und ein Himmelsglobus ( ... quod / ... um / FREDRI. / HOUMAN.)
ausgebreitet. Davor lehnt ein Buch mit Insekten und Schmetterling
(PELEGRINS SONT/QUI DANS CESVILLES/POUR LEUR BOURDON
/CHERCENT COQUILLES). ..." (MK München 2002, S. 235 f.)
Vgl. auch Ferdinand van Kessel, Wien, Kunsthistorisches Museum
(Abb. 1, S. 10)
55 Cracovie (Krakau)
Wahrscheinlich Replik nach Kat. 47. Der stehende Bär vorn inspiriert
von einem Gemälde „Bärenjagd" in München (Abb. 55/1; Alte Pinako-
thek, Inv. Nr. 1267; Lit.: Robels 1989, Nr. 249) früher Paul de Vos,
heute Frans Snyders gegeben. Der Kopf des Bären hinter dem Stehen-
den inspiriert von einem Gemälde als Paul de Vos (London, Sotheby's
13.12. 1978, Nr. 257), das von Meijer als Peeter Boel im RKD (Art-
work-Nr. 12332) einsortiert wurde. Das Wildschwein mit den Frisch-
lingen rechts im Mittelgrund frei übernommen von Frans Snyders'
„Wildschweinjagd", Rom, Galleria Nazionale d'Arte Antica (Inv. Nr.
842; Lit.: Robels 1989, Kat. 221). Die Komposition folgt frei den Vorga-
1 64
JVK 1: Städtelandschaften
vertritt das Heilige Römische Reich. Das Kamingebälk schmückt in der
Mitte eine Kartusche mit einer Inschrift (APELL / ELLU.EDU.), eine
weitere Kartusche befindet sich im Kamin unter zwei schnäbelnden
Tauben (VAN VIER EN VOR. / AL EVEN SCHOU / ANNO / 1665). An
den Wänden über dem Gesims vier Bilder in der Art Van Kessels mit
Wassertieren, in der Mitte ein Seesturm vor einer Felseninsel, das an
Bonaventura Peeters erinnert.
In der Mitte des Raumes steht ein Mann und präsentiert Europa ein
Bild mit Insekten und Schmetterlingen, ein weiteres Schmetterling-
Gemälde steht auf dem Boden, daneben ein Blumenstrauß, alles im
Stil Jan van Kessels, der seine Signatur in Form von Würmern auf einem
eigenen, auf dem Boden stehenden Bild gefasst hat, wie sie auch sonst
im Werk Van Kessels vorkommen ... Das bekannteste Beispiel einer
gegenständlich gebildeten Signatur ist in Caravaggios „Enthauptung
Johannes d. Täufers" von 1608 in der Kathedrale von La Valetta zu
finden, wo sich der Künstlername aus dem Blutstrom bildet. Stillleben
von Peter Binoit oder Clara Peeters tragen gelegentlich Signaturen aus
Keksen in Buchstabenform.
Hinter dem Mann steht auf dem Boden ein Porträt Papst Alexanders
VII. Im Vordergrund liegen Palette, Malstock und Flöte, Instrumente
der Künste, aufgereiht inmitten von Gegenständen des gehobenen
Zeitvertreibs: Trinkgefäße, Spielbrett, Würfel, Ballspiel, Flöte, die wohl
als Hinweis auf Leichtsinn und Verschwendung zu interpretieren sind,
wie ein Emblem von Roemer Visscher aus dem Jahr 1614 einen Trinker
neben Spielutensilien zeigt. ... Daneben liegen eine Geldbörse mit
verstreuten Münzen und eine Kostenaufstellung in der Schatulle
(RECENINGE / VOOR DEN BACKER 60.gu / DEN BROUWER 150
guln/ AEN WYN 80 gul / VOOR KINDERBET ONCOST /VROU WAS-
TER VRYROU PASTOR / IA IA Hr PASTOORS / MEMMEN VROU
WARSTERS / EN VRUVROUWEN / PRYSEN KINDER MAKEN / EN
BRUYLOFT / HOUWEN). In diesen Kontext gehört die Sanduhr auf
dem Tisch, auf der eine Muschel mit Seifenblasen liegt, beides Sym-
bole der Vanitas, der Vergänglichkeit, der hier ausgebreiteten irdischen
Pracht. Van Kessel folgt in der Zusammenstellung dieser Gegenstände
Jan Brueghel d.J.ln dessen Vanitas-Allegorie erscheinen ebenfalls
Goldpokale, Fahne, Rüstung, Musikinstrumente, Karten, Spielbrett,
Tennisspiel, Muscheln und Mandragorafiguren neben einem Putto mit
Seifenblasen ... [Abb. 54/2] Brueghel stellt dem Vanitasgedanken die
Heilsverkündung durch Christus gegenüber; unter seinem Bild ist zu
lesen: ,EGO SUM LUX MUNDI, VIA, VERITAS ET VITAL Van Kessel
jedoch bezieht die päpstlichen Insignien in die Vergänglichkeit ein. ...
Auf dem stehenden Buch ist ,PLINIUS' geschrieben, es handelt sich
wohl um dessen ,Historia Naturalis' (77 n. Chr.), eine Übersicht über
den gesamten Wissensstand seiner Zeit in sämtlichen Bereichen der
Naturwissenschaft, aber auch der bildenden Kunst. Diesen im 17. Jh.
noch gültigen enzyklopädischen Anspruch möchte auch Van Kessel in
seiner Bildfolge vertreten und stellt das Buch daher prominent in den
Vordergrund. De Bie weist in seiner Beschreibung des Zyklus eigens
darauf hin, dass Van Kessel in seinen Bildern zeigt, was Plinius und
,andere naturalisten' beschrieben haben. ...
In der rechten Ecke sind Waffen, Rüstungen, Trommeln, eine Fahne
und ein Himmelsglobus ( ... quod / ... um / FREDRI. / HOUMAN.)
ausgebreitet. Davor lehnt ein Buch mit Insekten und Schmetterling
(PELEGRINS SONT/QUI DANS CESVILLES/POUR LEUR BOURDON
/CHERCENT COQUILLES). ..." (MK München 2002, S. 235 f.)
Vgl. auch Ferdinand van Kessel, Wien, Kunsthistorisches Museum
(Abb. 1, S. 10)
55 Cracovie (Krakau)
Wahrscheinlich Replik nach Kat. 47. Der stehende Bär vorn inspiriert
von einem Gemälde „Bärenjagd" in München (Abb. 55/1; Alte Pinako-
thek, Inv. Nr. 1267; Lit.: Robels 1989, Nr. 249) früher Paul de Vos,
heute Frans Snyders gegeben. Der Kopf des Bären hinter dem Stehen-
den inspiriert von einem Gemälde als Paul de Vos (London, Sotheby's
13.12. 1978, Nr. 257), das von Meijer als Peeter Boel im RKD (Art-
work-Nr. 12332) einsortiert wurde. Das Wildschwein mit den Frisch-
lingen rechts im Mittelgrund frei übernommen von Frans Snyders'
„Wildschweinjagd", Rom, Galleria Nazionale d'Arte Antica (Inv. Nr.
842; Lit.: Robels 1989, Kat. 221). Die Komposition folgt frei den Vorga-
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JVK 1: Städtelandschaften