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Falk, Valentin Alois Franz
Geschichte des ehemaligen Klosters Lorsch an der Bergstraße: nach den Quellen und mit besonderer Hervorhebung der Thätigkeit des Klosters auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft dargestellt — Mainz, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.10949#0023

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Gunrclcmd 766—778.

11

ren die Triebsedern dieser uns sonst ganz unerklärlichen Opferfreudigkeit.
Wemr an dieser Stelle zunächst von den Opfern an zeitlichen Gütern
die Nede sein soll, so verdienen doch die demselben Opfergeiste entsprungcnen
höheren geistigen Weihegaben eine besondere Erivähnung. Als Opfer
der höchsten Art steht oben an die mit Gelübden verbundene Weihe und
Opferung dcr cigenen Pcrson an Gott, zunächst in einem Kloster. Gott
dem Hcrrn gebührt das Beste; als solches galt der Entschluß, das
gnnze Leben in Gemeinschast mit Anderen gleicher Gesinnung nnter be-
stintmten Regeln znzubringen in der Absicht, Gott besonders zn dienen
und das cwige Heil zu sichern. Nur aus diese Anschauung gestützt, vcr-
mögen niir zn erklären, mie im achten Jahrhunderte, wo vortresfliche
Hirten das Christenthnm neu belebten, so viele Klöster, vor Allem
Mannsklöster, entstehen konnten. Dieser Geist des Opsers blieb nicht auf
einen Stand beschränkt, sonderu dnrchdrang alle Schichten dcs Volks, wie
er auch dem Gegenstande nach Alles umfaßte. Nicht waren es Arnie,
die, durch irgend welche Verhältnisse genöthigt, in den Klöstern Znflucht
und Versorgnng erwarteten, sondcrn Leute aus den höchsten Stnnden
meldeten sich zuni Eintritte. Graf Wernher"), welcher Biblis nnd
Wattenheim von Kaiser Lndwig erhalten nnd dem Lorscher Kloster ge-
schenkt hatte, nahm spätcr selbsi das Ordenskleid des h. Benediet. An-
dcre, besonders nus dem weiblichen Gcschlechte, melche nicht so weit in
der Hingabe gehen zu könncn glaubten, blieben als Jnngfrauen
nnd Wittwen in ihrcn Familien, verpflichtcten sich jcdoch zu einem gott-
seligen Wandel in dem häuslichen Leben, hatten besondere Tracht und
legten die Gelübde der Keuschheit ab. Diese hießen Gottgeweihte^");
ihr Stand galt nls cin heiliger in den Augen dcs Volkes. Mehr als
einmal ist nuf den Kirchenvcrsammlungen jener Zeiten die Rede von
dicsem Stande der Gottgeweihten, von dcr ihm eigencn Heiligkcit und
von den Strafen, welche die Verletzcr dieses Standes treffen sollen. Jn
der llmgcgend von Lorsch lebten vicle dieser Gottgcweihten; gcrade das
Kloster mag die Veranlassnng zu ihrer Verniehrung gemesen scin. Jn
der Fnmilie Cancors allein, so meit wir sie kennen, hatten sich drei die-
sen Stand dcr Gottgeweihten gewählt, nämlich Gräfin Williswindn,
die froinme Stisterin, und ihre beiden Enkelinen, die Gräfinen Enfemia
und Rachildis, dic Töchter Cancors. Andere lebten auf den benach-
barten Orten.

Wer fich zu diesen, nnr den Wenigsten möglichen Opfern nicht
entschließen konnte, wollte in andercr Weise seinc Opferwilligkeit zn er-
kennen gcben, nnmlich durch Schenknngen nnd Vermächtnisse der
verschiedensten Art zum Besten des Klosters, wobei jedoch andere gute
Absichten, mie die Sorge für eigenes oder fremdes Seclenheil, nicht aus-
 
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