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Falk, Valentin Alois Franz
Geschichte des ehemaligen Klosters Lorsch an der Bergstraße: nach den Quellen und mit besonderer Hervorhebung der Thätigkeit des Klosters auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft dargestellt — Mainz, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.10949#0085

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Anselm 1088—II02.

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vorübergegcnigen. Solvaten und Volk hielten im Klosterhofe Spiele
bis zum Einbruche der Nacht. Ein damals beliebtes Spiel bestand da-
rin, daß man eine Scheibe von brennbarem Stoffe am Rande nnzün-
dete, sie so hoch wie möglich in die Luft schleuderte und Fenerkreise
beschreiben ließ, wobei entweder die Stärke und Geschicklichkcit des
Schleuderers oder die Feuerpracht belobt wurde. llnglücklicher Weise
blieb in Folge eines falschen Wurfs eine der brennenden Feuerscheiben
an den Schindeln dcs Kirchcndachs hängen und steckte, von Wind an-
gefacht, daS Ganze in Brand. Zur Vergrößerung des Unglücks faßte
das Fener den in Hausteinen aufgeführten Thurm, wo die Glockeu
hingen; die Glockenscile fielen herab, so daß cin Sturmleuten unmög-
lich wurde. Dann wogte die Gluth am Langhause auf und ab, zün-
dete die Seibcnthürme an und schmolz das Bleidach der Säulenhalle am
Eingange. An ein Löschen des Feuers, an ein Retten war nicht mehr
zu denken. Eine mächtige Feuerzunge stieg aus und vcrkündete den
Umwohnendcn den Untergang des hehren Gottcshauses. Als die Flam-
men genugsam in den altcn Sparren und Dielen getobt, stürzte pras-
selnd und neues Unheil säend das schwerc Gebälk thcils in dcn innern
noch verschonten Raum, theils aus die TLchcr dcr angebauten Wohn-
ungen. Was der Eifer der Acbtc und Gläubigen seit Jahrhunderten
in der Kirchc verwendet, die Altäre mit ihreni Silberschmuck, das Ge-
räthe in Kirche und Sakristei, war in wenigen Stunden eine Beute
der Flammen gewordcn, oder sonst beschädigt worden Nur Weniges
konnte mit Mühe gerettet werden. So hatte des Tages Freudc mit
Verdcrben gecndet und der Jubel in Weheruf sich verändert. Achnlich
wie in Lorsch, war auch der Mainzer Dom, an welchem Willigis meh-
rere Jahrzehnte hatte arbeiten lassen, achtzig Jahre srühcr am Tage der
Einweihung eingeäschcrt worden. Noch größer ward der Schmerz der
Klagenden beim Gedanken, daß auck dcr hochverehrte Leichnam des
h. Nazarius mit verbrannt sein könnte. Ungewiß über deffen Schicksal
während des Brands bcschloß der Convcnt mit dem Abte nach voraus-
gegnngenem dreitägigem Fastcn, mit Ausschluß aller nicht unn Kloster
Gehörenden und mit Zuziehung einer bewaffnetcn Schaar, Nachgrab-
ungen vorzunehmcn. Den Schutt im Chore ichaffte man weg nnd
stellte hinter dcm Hochaltare Nachforschungen an. Nach langcm Suchen
stießen die Arbeiter endlich auf zwei sehr große Särge, von denen der
eine über dem andern lag. Als nian sie öffnete und leer fand, sank
aber Allen Hoffnung und Muth. Doch der Abt bcfahl im Vertrauen auf
Gott weitcr zu graben; da ward Dtto, ein im Bausache bewanderter
Mann nus adligcm Geschlcchtc, durch dumvi'en Ton aus hohlem Nnume
aufmerksam gemacht, grub tiefer und tiefer und sand den aus Marmor
 
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