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Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0150
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Stoffen von Byzanz im 11. Jahrh.
(vgl. T. 77, Abb. 249) fortlebt, durch
eine Silberschale mit Pehlewischrift
(Abb. 101) als sassanidisches Symbol
beglaubigt.

Der außerordentlichen Beliebt?
heit des Entenmotivs, die schon den
Reliefs von Takibostan abzusehen ist,
entspricht die Zahl der erhaltenen Ge?
webe. Das unvollständige Stück des
Aachener Münsters (Tafel 23 a) ist dem
Hahnenstoff (s. T. 21) stilistisch so
ähnlich und in der Ausführung so
gleichwertig, daß es ebenfalls noch um
600 anzusetzen ist. Die Ausfüllung
der Winkel in der Umrahmung mit
mehrfarbigen Herzen und die Grund?
form des Zwickelornaments aus einem
viereckigen Mittelstück, von dem vier
große und diagonal vier kleine Pal?
metten ausgehen, (in feinerer, mehr
hellenistischer Zeichnung schon beim
Hippokampenstoff T. 20 vorhanden) ist beiden gemeinsam. Am Aachener Stück ist die
glockenähnliche Form der großen Palmette, die in grader Linie von der achaemenidischen
Palmette abstammt (Abb. 102), besonders zu beachten, weil sie uns noch öfter als persisches
Leitmotiv wird dienen müssen.

Die symmetrische Verdopplung der Vogelmuster, obwohl in Takibostan nicht ver?
treten, fällt doch noch in die Sassanidenzeit. Von den beiden Aachener Stoffen mit gegen?
ständigen Entenpaaren in Achtecken (Tafel 24 a und 24 c) enthält das obere Stück keine
Formen, die gegen seine Entstehung um 600 sprechen würden. Den Stengel zwischen den
beiden Enten krönt die sassanidische Glockenpalmette und die Vögel selbst stimmen im Stil
und in der reichen Innenzeichnung mit den großen Hähnen T. 21 und insbesondere mit der
Ente T. 23 a genau überein. Auffällig ist nur die für frühpersische Stoffe ungewöhnliche
Feinheit der Weberei. Die Zeichnung ist so glatt und reinlich herausgebracht, wie an den
besten Stoffen von Alexandria, ohne daß aber dadurch der sassanidisch steife und strenge
Stil gemildert würde. Für das untere Stück (T. 24c) macht die Vereinfachung aller Zierformen
eine Entstehung in frühislamischer Zeit, etwa im 8. oder 9. Jahrhundert wahrscheinlich.1)
Nach den bisher vorgeführten Stoffen zu schließen, haben die Perser die Muster großen

Maßstabs bevorzugt. Dieser Geschmack hat jedoch

die Herstellung kleingemusterter Gewebe nicht
ganz ausgeschlossen. Durch die Reliefs von Taki?
bostan wird die Bestimmung eines solchen Stoffs
ermöglicht. Das Gewand eines Treibers (s. Abb. 91)
zeigt in gereihten Kreisen abwechselnd je eine Ente
und eine persische Palmette nebst zwei Knospen.
Auf dem Beinkleid derselben Figur sind Vögel dar?
gestellt, die zwar den Enten ähneln, durch den

Abb. 102. Persische Palmetten graviert auf einem ') Einen verwandten Entenstorr" bewahrt das christ*

achaemenidischen Silberrhyton. liehe Museum im Vatikan.

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