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DaS Heidelberger Faß.

verrosteten Haken; die Fußtritte dröhnten und hallten nach; zu
Häupten aber pfiff und schwirrte eS vom Fluge aufgescheuchter
Fledermäuse. Die Dämmerung hatte mählig einer grauen
Finsterniß Platz gemacht.

Endlich — und es war noch gerade recht an der Zeit,
ehe eS den Schwaben gereuete, den Fuß in das unheimliche
Labyrinth gesetzt zu haben; endlich — da drang es ihnen
wie Weingeruch entgegen, wie ein Gottwillkomm' der Reben-
geister. Der Handwerks bursche jauchzet« still in sich hinein.
Ein hohes, eisenbeschlagenes Doppelthor — der Graue hob
den Querbalken weg, und steckte den gewaltigen Schlüssel an
— die eichenen Flügel drehten, sich in den Angeln — — der
Magdeburger hatte Recht!

Da lag er vor ihm, der ungeheuere, hölzerne Gigant, mit
dem Weinmeere in seinem Bauche, mit den eisernen, klafter-
breiten Gürtelbändern um die mächtigen Hüsten, mit den
mauerdicken Deichen, welche das Aller und der Weingeist
' schwarz gebeitzt hatte, wie Ebenholz. Gleich dem Morgenrothe
drang es ans den Faßspalten, daß es im ganzen, endlosen
Gewölbe dämmerte. Ja wohl hätte allem Ermessen zufolge
der Münster zu Ulm in seiner Höhlung Platz gefunden und
die Memminger Kirche obendrein!

Der Preuße war um keine Silbe von der Wahrheit
. abzegangen! Tanzten ja selbst auf dem Spundloche ein Paar
■ Dutzend fröhlicher Bursche mit ihren rothröckigen, bebänderten
Dirnen den Kirmeßreigen in wunderlichen Sprüngen, die Dorf-
älteren aber umstanden sie im weilen Kreise, und wackelten alle
gar drollig nach dem Takte der Musik, die wie fernes Gesumse
in die Tiefe herabtönte.

Der Schließer griff den staunenden Schwaben bei der
j Hand, und führte ihn ohne ein Wörtlein zu reden an die
! Stelle, wo in der Tiefe des Faßbodens der Hahn eingelegt
war, von der Größe eines mittleren Dorfkirchthurmes. Hier
bedeutete er ihm, daß er sich auf den Rücken legen möge,
just so, wie'S ihm der Magdeburger vorausgesagt. Dem
Memminger Webergesellen pochte das Herz über die Fülle, die
seiner wartete. Er gesegnete insgeheim die gottselige Stadt
ob ihrer sonderlichen Gaststeundlichkeit, und den wackeren
Kellermeister, der so geruhig chat, was seines Amtes war.
Ohne Säumen gehorchte er, nahm sein Ränzlein vom Rücken,
legte sich hin, wie ihm geheißen war, lavirte mit dem Kopfe,
! bis er's dafür hielt, so recht in der Sttom - Linie zu sein,

und rief dann dem Schließer ju: „Run, so laßt's lausen,

wenn's beliebt!" Da wendete sich langsam der schwere, mes-
sing'ne Hahn, und der Wein ttäufelte herab wie geschmolzenes
Gold just in sein offenstehendes Maul, und er hätte sich tau-
send Schlünde wünschen mögen, um sich daran zu sälttgen
nach Herzenslust!

„Karg find fie nicht, die lobsamen Bürger von Heidel-
berg, — dachte er sich in seinem Gemüthe — auch duftet
der Trank wie Rosenöl und Gewürznelken; — aber, der
Guckuck hol's, er rinnt an der Gurgel vorbei, ohne sie zu
kühlen, und in den Magen, ohne den peinlichen Durst zu
löschen! Habt doch die Freundschaft, und dreht den Hahn
etwas.weiter auf!"

Lächelnd willfuhr der Schließer seinem Wunsche, und die
Himmelsgabt stürzte wie ein kleiner Gießbach auf den durstigen
Kumpan hernieder. DaS war nun aber doch des Guten schier
zu viel, und da der Wein den Weg in die Kehle nicht schnelle
genug fand, so benahm er ihm den Athem. Er wollte ab-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Das Heidelberger Faß"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Braun, Kaspar
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Handwerker <Motiv>
Weinfass
Mundschenk
Wein <Motiv>
Karikatur
Gesellenwandern
Heidelberger Fass
Satirische Zeitschrift
Heidelberg

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 1.1845, Nr. 1, S. 4
 
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